Am 9. August dieses Jahres hat US-Präsident Bush eine viel diskutierte Erklärung zur Forschung an humanen embryonalen Stammzellen (ES) abgegeben. So sollen künftig Forschungsarbeiten an Zellen nur aus bereits existierenden Stammzelllinien gefördert werden. Er wollte ein Zeichen setzen. Die Auseinandersetzung mit dieser Entscheidung verdeutlichte schlaglichtartig gewissermaßen die Komplexität der bioethischen Fragen und die damit verbundenen Problemen, denen sich Politik und Gesellschaft gegenüber sehen. Es zeigte jedoch besonders auch, dass, wer sich ins Dickicht der Bio- und Gentechnik wagt und Entscheidungen treffen muss, einen Kompass benötigt. Wir leben scheinbar im Zeitalter …
der biotechnologischen Weltrevolution.
Manch einer empfindet die Zukunft des Menschen durch Forschungslabors ähnlich gefährdet wie durch nukleare Waffen in Zeiten des Kalten Krieges. Unsicherheiten sind vorhanden, bedingt auch durch die atemberaubenden wissenschaftlichen Erkenntnisse und Möglichkeiten, die von Tag zu Tag über die Medien kolportiert werden. Zur Erinnerung: Der erste menschliche Embryo ist in den USA bereits geklont, unumkehrbare Eingriffe in die Keimbahnen scheinen vorstellbarer denn je zuvor, die genetische Optimierung oder auch “Designer-Babies” sind in greifbare Nähe gerückt.
Wild durcheinander Dort, wo über Gentechnik diskutiert wird, gehen inzwischen jedoch auch die Gesichtspunkte und Argumente wild durcheinander. Viele Fragen, neue und alte, prägen das Diskussionsspektrum: inwiefern kann menschliches Leben instrumentalisiert werden? Ab wann ist dieses Leben voll schützenswert? Was sollte schlecht daran sein, das menschliche Erbgut planmäßig zu verbessern, fragen Befürworter der Genmanipulation! Ist Gentherapie abzulehnen, wenn durch therapeutische Eingriffe in die Keimbahn, Dispositionen zu Krankheiten beseitigt werden sollen? Die Hoffnungen der Mediziner, mit dem Einsatz embryonaler Stammzellen Erbkrankheiten oder Parkinson in der Zukunft einmal heilen zu können, werden in wissenschaftlichen Berichten immer deutlicher geweckt. Die Frage ist erlaubt: Sind dies nur Versprechungen oder sind die Hoffnungen berechtigt? Die Angebote und die Versuchungen sind jedenfalls verlockend.
Schrankenlose Nutzung Man braucht heute eine Grundlagenforschung, die es ermöglichen soll, später völlig auf embryonale Stammeszellen zu verzichten, heißt es. Soll hier also ohne Wenn und Aber für die Forschung der Weg frei gemacht werden? Eine schrankenlose Nutzung der Gen- und Biotechnik? Wie steht es mit der Präimplantationsdiagnostik (PID), mit der bei künstlicher Befruchtung der Embryo auf Erbkrankheiten untersucht wird. Wird das PID ein Verfahren, das behinderte von nicht behinderten Menschen selektiert. Ethiker warnen bereits jetzt vor der Tatsache, dass der Sinn einer solchen Diagnostik in der Praxis ausschließlich darin bestehe, behinderte Menschen schon ganz am Beginn ihrer Existenz zu töten.
Gewissenhaft zu reflektieren! Die Palette der Fragen ist vielfältig. Die schnelle und einfache Antwort gibt es nicht. Die Wissenschaft und die Gesellschaft stehen moralisch in der Pflicht. Wer sich an den Diskussionen beteiligen will, hat jedenfalls die Aufgabe viele Fragen gewissenhaft zu reflektieren! Die CSV stellt sich dieser Herausforderung. Im Mittelpunkt einer Sitzung des CSV-Nationalrates stand kürzlich eine tiefgehende Diskussion über bioethische Fragen und damit verbundene Aspekte.
Impulsreferate von Christa Thoben, CDU-Politikerin und Expertin in bioethischen Fragen sowie von Moraltheologin Marianne Hubert belebten die Diskussion über ein schwieriges Thema.
Komplexes Thema, nicht auf die leichte Schulter nehmen! Diskutiert wurden die Entwicklungen im Bereich der Gentechnologie, die Aspekte und Fragen der Stammzellenforschung, die Elemente und Regelungen zum Stammzellenimport, die Fragen des therapeutischen Klonens sowie die Forschungsmöglichkeiten für die Zukunft. Weitere Gesprächspunkte waren die Erfolgsträchtigkeit der Forschung sowie die ethischen und moralischen Aspekte.
Das Thema ist komplex. Gleichgültigkeit ist fehl am Platz. Moralische Fragen, ethische Aspekte sowie Grenzen der Bio- und Gentechnik berühren jeden von uns. Wie weit können wir mitgehen? Für eine am christlichen Menschenbild orientierte Politik ergeben sich ohne Zweifel Fragen und Probleme, die andere nicht haben.
Doch über diesen Aspekt hinaus, steht eines fest: Weglaufen, geht nicht! Marie-Josée Meyers-Frank CSV-Deputierte