Wir treten in die politische Landschaft 2001 mit einem robusten Wirtschaftswachstum. Im neuen Jahr werden weniger Steuern gezahlt. Weitere steuerliche Erleichterungen sind in Aussicht gestellt. Renten und Mindestlöhne wurden im Dezember um 3,1% erhöht. In sozialpolitischer Hinsicht wurden demnach im vergangenen Jahr wichtige Entscheidungen getroffen.
Im Bereich der Budget- und Finanzpolitik wurden die Weichen für morgen und übermorgen weitgehend gestellt. Gesunde öffentliche Finanzen schaffen die unerlässlichen Voraussetzungen, um das soziale Netz immer wirksamer zu gestalten. Die sozialverträgliche sowie arbeits- und leistungsschonende Steuerpolitik schafft Spielraum für weitere notwendige Maßnahmen im Bereich der Sozialen Sicherheit. Doch muss auch hier das Prinzip der Finanzierbarkeit und der Zukunftsfähigkeit gelten.
2001 Rentenjahr
Nachdem die von der Regierung in Auftrag gegebenen Studien nun bald fertiggestellt sind, gilt es ebenfalls die Diskussion über die Renten- und Pensionsproblematik konsequent in Angriff zu nehmen. Die anstehende Diskussion wird sicherlich nicht einfach; gilt es doch eine Frage, die auch für die Zukunft unseres Landes von wesentlicher Bedeutung ist, jenseits von Demagogie und Polemik zu beantworten. Der von Premierminister Jean-Claude Juncker bereits im Mai vergangenen Jahres vorgeschlagene Rententisch bietet sicherlich die Möglichkeit, in diesem Sinne eine Lösung zu erarbeiten.
Bei der anstehenden Rentendiskussion wird es mehr denn je darauf ankommen, zu Übereinstimmungen zu gelangen: Soziale Defizite müssen beseitigt werden, gemeinsame Wege müssen gefunden und definiert werden, damit die Renten auch morgen und übermorgen sicher und finanzierbar bleiben. Das Rentenversicherungswesen muss mehreren soziologischen Veränderungen und gesellschaftlichen Herausforderungen Rechnung tragen. Eines steht jedenfalls fest: schnell formulierte überzogene Rentenforderungen können nicht das Ziel sein.
Auch die, die heute am Anfang ihres Berufslebens stehen, brauchen die Gewissheit, dass sie das, was sie im Berufsleben leisten und erarbeiten, später vergütet bekommen, ohne dass dabei sensible soziale Gleichgewichte geschädigt werden.
Eine zukunftsorientierte Rentendiskussion
Eine zukunftsorientierte Rentendiskussion sieht Zusammenhänge. Weitgestreckte, gar überspitzte Rentenvorstellungen sind nur dann zu verwirklichen, wenn die Wirtschaft Jahr für Jahr kräftig wächst und der Arbeitsmarkt weiter in vollen Zügen expandiert. Doch Renten dürfen nicht automatisch auf diese Hypothese bauen.
Die Rentenfrage ist des Weiteren eng verknüpft mit anderen sozialen und sozialpolitischen Fragen, die das Land beschäftigen und bewegen. Die Rentendiskussion kann demnach nicht isoliert von anderen Parametern geführt werden.
Eine zukunftsorientierte Rentendiskussion geht den Fragenkomplex Renten und Soziales global an, ohne sich jedoch der Lösung spezifischer “Missstände” durch spezifische Maßnahmen zu verschließen.
Eine zukunftsorientierte Rentendiskussion hat Gespür für Ursache und Wirkung. So sieht sie die Grenzen, die vor allem von Lebensqualität und Umwelt gezogen werden.
Eine zukunftsorientierte Rentendiskussion verschließt auch nicht die Augen vor der Gefahr, dass sich die Politik eines Tages nicht mehr auf ihre wesentliche Aufgabe – die Gestaltung der Zukunft – konzentrieren kann. Getrieben von der Sorge um die Rentenfinanzierung bleiben sonst wichtige Zukunftsfragen auf der Strecke. Die Renten von heute, morgen und übermorgen müssen lang- und mittelfristig finanzierbar sein. Dies ist gewusst. Renten können und dürfen nun eben einmal nicht nach dem Gießkannenprinzip oder nach dem Prinzip des wundersamen Geldsegens von oben ausgeteilt werden. Das Gleiche gilt übrigens für die anderen Leistungen eines jeden sozialen Netzwerkes, das dem Sozialen würdig sein will. Es geht halt um Zusammenhänge.
Eine Frage der Solidarität und der Verantwortung
In einer Situation, wo die Politik bei ihrer Hauptaufgabe – der Vorbereitung der Zukunft für alle – außer Atem gerät, kommt der eigentliche Pfeiler von guten und sicheren Renten ohne Zweifel ins Bröckeln: die Solidarität, die gesellschaftliche im allgemeinen und die zwischen den Generationen im besonderen, wird kleiner und kleiner bis sie ganz verschwindet.
Daher wird von allen, die sich jetzt an den Diskussionen beteiligen werden, etwas verlangt das eine Selbstverständlichkeit sein müsste, und doch längst nicht immer selbstverständlich scheint: Verantwortungsbewusstsein.
Die Zukunft, die immer eine gemeinsame ist, darf nicht im Schatten der unterschiedlichen Gruppen- und Parteiinteressen vergessen werden.
Und dies gilt nicht nur für die Rentendiskussion.
Jean-Louis Schiltz CSV-Generalsekretär