Im Wechselbad der Gefühle
Budgetdebatten werden nicht nur hierzulande als willkommene Gelegenheit zum verbalen und inhaltlichen Schlagabtausch zwischen parlamentarischer Mehrheit und Opposition genutzt. Das gehört zum parlamentarischen Geschäft. Schließlich handelt es sich beim Haushaltsplan um das so genannte ,,wichtigste Gesetz” des Jahres.
Diese Woche war es denn auch wieder soweit. Budgetdebatten am Krautmarkt. Die mehr als 200 Milliarden schwere Vorlage wurde kritisch unter die Lupe genommen. Mal mit guten, mal mit weniger guten Argumenten. Konkrete Alternativen zur Regierungspolitik waren Mangelware.
Mal abgesehen von den fiskalischen Gegenvorschläge der LSAP, zu denen es keine konkreten Gegenfinanzierungsvorschläge gab, ist wenig Neues zu verzeichnen.
Das Rollenverständnis ist fast perfekt. Vor allem bei den Sozialisten. Im roten Lager stehen die Zeichen nun endgültig auf Opposition. Man scheut sogar nicht davor zurück, den ehemaligen Koalitionspartner, die CSV, als unzuverlässig (dixit Marc Zanussi) zu bezeichnen, wenn es darum geht, die neue, aggressive aber über weite Strecken plakative und oberflächliche politische Vorgehensweise an den Mann oder die Frau zu bringen.
Mit einer fast schon schwindelerregenden Beharrlichkeit setzt sich die neue LSAP für Soziales ein. Das soziale Gewissen als A und O der Politik. Und das Ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, wo in Europa die Oberen der Genossenschaft mit vereinten Kräften verhindern, dass es zu bindenden sozialen Mindeststandards innerhalb der EU kommt. Wo sozialistisch geführte Regierungen Liberalisierung und Deregulierung offen fördern und sogar nicht davor zurückschrecken, beispielsweise die Wasserversorgung zu privatisieren. Wirklich sozial!
Nun gut, die LSAP und deren Positionen sind nicht (in vollem Umfang) deckungsgleich mit den Sozialisten in Deutschland, Großbritannien sowie in den Niederlanden und deren politischer Marschrichtung. Dennoch wäre man gut beraten, etwas vorsichtiger und zurückhaltender bei der Bewertung des politischen Gegners im eigenen Lande zu sein, dem immer wieder soziale Kälte vorgeworfen wird.
Es scheint als habe das Temperaturempfinden der Luxemburger Sozialisten im internen Wechselbad der Gefühle der vergangenen Monate stark gelitten. Therapeutische Sofort- und/oder Begleitmaßnahmen sind jedenfalls angebracht. Wie wäre es mit einer Kur in Straßburg?
Marc Glesener Fraktionssekretär