Schwieriges Steuer-Manöver
Die Steuern sind zu hoch. Fast gebetsmühlenartig wurde dieser Satz von der vereinten Linken zur politischen Notwendigkeit schlechthin hochstilisiert. In einer konzertierten Aktion traten sozialistische Partei, unabhängiger (!) Gewerkschaftsbund und LSAP-Presse während Monaten dafür ein, die Steuerschraube zu lockern. Seit der verlorenen Wahl und dem Antritt der neuen Regierung im August 1999 wurde die Steuerfrage in den Mittelpunkt der LSAP- Oppositionsstrategie gerückt. Sonderbar, gehörten fiskalische Forderungen vor dem 13. Juni 1999 eigentlich nicht zu den sozialistischen Top-Prioritäten.
Doch die neue Regierung hielt dagegen. Erst nachdem die Konturen des Etatentwurfs für 2001 klar erkennbar waren, erst nachdem man den finanziellen Spielraum definitiv ausgelotet hatte, wurde gehandelt. Nun liegt das fiskalische Entlastungsprogramm vor. Früher als ursprünglich geplant, aber zum rechten Zeitpunkt und in finanzpolitisch verträglichem Ausmaß werden die Steuern gesenkt. In den Jahren 2001 und 2002 fließen – gemessen an der aktuellen Steuergesetzgebung – über 25 Milliarden Franken weniger in die Staatskasse. Das ist kein Pappenstiel.
Der LSAP-Opposition hatte die Ankündigung des vorverlegten Steuerpakets zuerst (verständlicherweise) die Sprache verschlagen und man tut sich bis heute offenbar schwer sich politisch zu positionieren. Mittlerweile haben die Sozialisten bereits dreimal die Taktik geändert. Und immer noch kein Ende in Sicht.
Statt inhaltlich Stellung zu beziehen, beschränkten sich die sozialistischen Kommentatoren in einer ersten Phase auf Stilelemente. Wer im Koalitionslager zu welchem Zeitpunkt welche Details über das fiskalische Entlastungsprogramm kannte? Das waren die Aspekte, mit denen man sich ausgiebig beschäftigte. Das Steuerpaket an sich schien niemanden mehr so recht zu interessieren.
Dann der Kurswechsel. Hatte man sich Wochen und Monate zum Fürsprecher der arg gebeutelten Steuerzahler gemacht, kam der Sinneswandel. Parallel zur angekündigten Reform forderten die Sozialisten nun soziale Begleitmaßnahmen zugunsten all jener, die keine Steuern zahlen und demnach nicht vom fiskalischen Entlastungsprogramm profitieren können.
Mindestlohn und Kindergeld erhöhen lautete das Rezept der LSAP, die urplötzlich ihr soziales Gewissen wiederentdeckte, damit aber sozusagen offene Türen einrannte. Der Mindestlohn
wird zum 1. Januar 2001 ohnehin erhöht und auch in Sachen Kindergeld ist im kommenden Jahr eine Aufbesserung vorgesehen.
Nicht gerade einfallsreich also, der Schnellschuss des Herrn Lux. – Das fand wohl auch der Fraktionschef der LSAP, der nun wieder selbst das Steuerruder der Partei in die Hand genommen hat und mehr als einen Monat (!) nach Bekannt werden der geplanten Neuerungen die (bis auf weiteres) definitive Haltung seiner Partei erläuterte. Auch wenn Herr Krecké punktuelle Alternativen zu den Regierungsvorschlägen in Aussicht stellte, unter anderem im Sinne einer fiskalischen Anerkennung nicht-ehelicher Partnerschaften, wird man den Eindruck nicht los, als täte sich die LSAP schwer mit der Beurteilung des vorgesehenen Steuerpakets.
,,Eine gute, aber auch eine erstaunliche Nachricht”, mit diesen Worten hatte LSAP-Präsident Asselborn die Ankündigung des Steuerentlastungsprogramms Ende Juli kommentiert.
Eigentlich eine vielsagende und erstaunlich ehrliche Aussage des Sozialistenchefs, der wie seine Mitstreiter, seither aus dem Staunen nicht mehr herauskommt.
Lucien Weiler CSV-Fraktionspräsident