Eine Chance für Luxemburg
Viele Akteure am Finanzplatz Luxemburg empfanden die Schlussfolgerungen von Feira als große Überraschung. Wer jedoch die Ansprachen von Minister Luc Frieden im Laufe der vergangenen Monate aufmerksam verfolgte, merkte, dass sich die Position Luxemburgs bereits im Vorfeld des portugiesischen Gipfels geändert hatte. Es hiess nicht mehr absolut wie früher “Wir werden das Bankgeheimnis unter keinen Umständen aufgeben”, sondern vielmehr nuancierter. “Wir werden das Bankgeheimnis nur dann aufgeben, wenn andere Länder ebenfalls zu diesem Schritt bereit sind”.
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Wer jetzt kritisiert, Luxemburg habe auf dem europäischen Altar seine Prinzipien oder sein Bankgeheimnis geopfert, macht es sich zu einfach und verkennt die Realitäten.
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Seit Monaten hat sich auf der internationalen Bühne, auf der das kleine Luxemburg kaum Einfluss auf Entscheidungen nehmen kann, die Tendenz unverkennbar verschärft, engagiert und zielstrebig gegen Finanzplätze mit Steuersystemen und Finanzaufsichten vorzugehen, die in den Augen der mächtigen Länder und Institutionen nicht seriös erscheinen. Diesem Druck hätte Luxemburg kaum lange widerstehen können.
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Wer diese neue Situation in seiner Analyse berücksichtigt und dabei auch untersucht, welche die vertretbaren Alternativen gewesen wären, kommt zur Überzeugung, dass es sich mit den Schlussfolgerungen von Feira leben lässt, ja dass sie für Luxemburg gar eine Chance darstellen.
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Darüber hinaus werden durch “Feira” für Luxemburg die Weichen neu in Richtung einer ausgewogenen Entwicklung seiner Wirtschaft gesetzt. …
Wichtig ist jetzt, dass sowohl die Akteure des Finanzplatzes als auch die Regierung die Hände nicht in den Schoss legen, sondern die neue Perspektive energisch und optimal ausnutzen. …
Der Regierung wird zudem auf europäischer Ebene die Klärung von noch offenen Detailfragen mit großer Tragweite weiterhin Verhandlungsgeschick im Steuerdossier abverlangen. Doch dafür verfügt sie über einen wichtigen Trumpf: Kontinuität und Erfahrung.
(Ausschnitt Leitartikel aus Luxemburger Wort am 17.07.2000)