Nachlese zum DP-Kongress Abgekuckt, aber schlecht …
Die DP-Präsidentin glaubte wohl gut inspiriert zu sein, als sie sich letzten Samstag anschickte « noch eins draufzulegen ». Staatsminister Jean-Claude Juncker hatte letzte Woche – im Rahmen seiner Rede zur Lage der Nation – die Parteien eingeladen, einen Konsens in der Rentenfrage zu suchen und sich auch im gleichen Sinne mit der Flüchtlingsfrage zu beschäftigen.
Die DP-Präsidentin glaubte nun anscheinend, sie sei aufgefordert « eins draufzulegen ». Im Rahmen des DP-Kongresses letzten Samstag machte sie den Vorschlag, innerhalb von einem Jahr ein politisches Zukunftskonzept mit allen im Konsens auszuschaffen ; dieses Konzept, das – wie bemerkt – mit allen auszuschaffen ist, soll anscheinend auch alle politischen Themenbereiche einbeziehen : Wirtschaft, Schule, Verkehr,Spitäler usw, so die DP-Präsidentin. Konsens mit allen über alles, das scheint das neue DP-Motto zu sein.
Ist die DP-Präsidentin sich über die Tragweite ihrer samstäglichen Aussage bewusst ? Konsens ist gut. Konsens ist nötig in fundamentalen politischen Bereichen, insbesondere im Sozialbereich.
« Konsens mit allen in allen Bereichen » ist aber eine Utopie, nicht mehr als ein leerer Spruch. Muss die Regierung nun den nationalen Konsens suchen für jede Entscheidung, die sie trifft, beispielsweise bei Personalfragen, oder wenn es um die Verabschiedung eines rein technischen Großherzoglichen Reglements geht?
Im Endeffekt steht die Aussage von Frau Polfer in einem grundlegenden Gegensatz zur Theorie der repräsentativen Demokratie (d.h. Parlament und Regierung) !
Will Frau Polfer die Parteien und, warum nicht, auch die Regierung abschaffen ? Diese brauchen wir ja kaum noch, wenn alle Probleme im Direktverfahren mit allen Betroffenen geregelt werden. Ein Schiedsrichter, der sich darauf beschränkt « die Uhr zu drücken », damit alle, die mitreden wollen, die gleiche Redezeit haben, könnte einen weiten Teil des Staatsapparates ersetzen.
Mehr direkte Demokratie ist gut. Ausschließlich direkte Demokratie ist jedoch eine Illusion.
Referendum, Rententisch, Flüchtlingstisch und Tripartite sind konsensfähige Modelle in Bereichen, wo Konsens von Nöten ist ! Die Engländer haben den Begriff des « art for art’s sake » geprägt : Kunst der Kunst wegen, ohne Ziel, ohne didaktische Vorgabe. Sollte es nun in allen Bereichen zum « Konsens for Konsens’s sake » kommen ?
Wir wagen die Richtigkeit einer solchen Vorgehensweise in Frage zu stellen.
Das kommt davon, wenn man abkuckt und, nach brillanten Ausführungen des Premiers, noch « eins draufzulegen » versucht. Das Problem ist nur, wenn man abkuckt, sollte man vermeiden schlecht abzukucken. Das war schon in der Schule so.
Jean-Louis Schiltz Generalsekretär der CSV