Kommentar von Lucien Weiler zum ADR-Kongress

Eine Frage des politischen Anstands

Eine Partei wie jede andere möchte es sein, das Aktionskomitee für Demokratie und Rentengerechtigkeit. Ein frommer Wunsch, aber so einfach ist es denn doch nicht. Das ADR ist keine Partei wie jede andere. Das wurde beim jüngsten Nationalkongress in Esch/Alzette wiederum hinlänglich unter Beweis gestellt. Populismus ist Trumpf. Das Leitmotiv der ADR- Vorderen ist und bleibt dasselbe. Pauschalverurteilungen sind angesagt.

Rückenwind erhofft sich das ADR von all jenen Skandalen, die im Nachbarland Deutschland seit Wochen schon für Schlagzeilen sorgen. So mag es auch niemanden wundern, dass die selbst ernannten Saubermänner des ADR das Thema Parteispenden besetzen und sich als Vorkämpfer gegen angebliche Korruption und Filz im Staate Luxemburg aufspielen.

Hierzulande gebe es einen wahren Korruptionssumpf, und die Aufklärung von Mißständen riskiere den Staat über Monate hinweg lahm zu legen. Mit solchen Aussagen heizte Parteichef Mehlen seiner Basis ein. – Auch wenn man nicht alles was im Eifer des Gefechts im Rahmen eines Parteikongresses gesagt wird, auf die politische Goldwaage legen soll, sind das doch schon schwerwiegende Behauptungen.

Luxemburg ein Korruptionsland? Parteien werden von Wirtschaftslobbies gekauft. Politische Gruppierung bedienen sich des Staatsapparats, um die eigene Macht auszubauen. Sogenannte Affären werden systematisch unter den Teppich gekehrt. – Das alles sind Behauptungen und Unterstellungen seitens der ADR-Exponenten. Aber die Beweisführung bleibt das ADR – wie gehabt – schuldig.

Präzise Angaben und sachlich geführte Argumentation fehlen. Das ist eben nicht die Stärke des ADR. Man denke nur an die unrühmliche “Valisse”-Affäre, die übrigens auch heute noch zum Standard-Repertoire der ADR-Politiker gehört. Von einer ordentlichen Beweisführung keine Spur. Hauptsache Stimmungsmache gegen das politische Establishment, gegen die etablierten Parteien und deren Mandatäre.

Nein, das ADR ist wirklich keine Partei wie jede andere. Das hat allerdings weniger mit dem programmatischen Unterbau der Ein-Punkte-Gruppierung als mit deren politischen Methoden zu tun. Wer konsequent den Mann spielt, Politikverdrossenheit und Sozialneid schürt, der verdient eine Sonderbehandlung. Das ist nicht zuletzt eine Frage des politischen Anstands.

Lucien Weiler Fraktionspräsident der CSV