Die Welt verfehlt die gesetzten Millenniumziele 2015

ie Vereinten Nationen hatten im Jahr 2000 acht Millenniumziele im Kampf gegen den Hunger, die Armut, die Krankheiten und den Bildungsmangel in der Welt auserkoren und wollten messbare Ergebnisse der Verbesserung bis zum Jahr 2015 erreichen. Dies waren ehrgeizige Ziele bezüglich der Entwicklungsländer. Man wollte die Zahl der hungernden und extrem armen Menschen im Vergleich zu 1990 halbieren.

 

Die Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren sollte um etwa 60 Prozent reduziert werden, der Besuch der Grundschule ein „must“ für alle Kinder werden. Man hatte sich ebenfalls die Eindämmung von Aids und anderen schweren Krankheiten auf die Fahne geschrieben. Die Gleichberechtigung der Frauen und die nachhaltige Entwicklung stellten weitere wichtige Punkte des ambitiösen Programms dar.

Dies alles sollte mit hohen finanziellen Zuwendungen seitens der reichen Länder abgewickelt werden. Es war versprochen worden, mindestens 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Entwicklungshilfe auszugeben. Nur fünf Länder haben dieses Ziel erreicht, darunter auch Luxemburg mit 1 Prozent, dies sollte uns mit Stolz angesichts der angespannten finanziellen nationalen Engpässe mit Stolz erfüllen. Der Spruch „in Krisenzeiten ist die Haut näher als das Hemd“ gilt bei uns nicht.

Von Montag bis Mittwoch dieser Woche berichten die Vertreter aus 192 Ländern in New York, ob sie Erfolge hinsichtlich der Millenniumziele erzielt haben und welche weiteren Aktionen bis 2015 unternommen werden sollen. Das wichtigste Ziel stellt die Reduzierung der Zahl der armen Menschen dar, die mit weniger als 1,25 $ pro Tag leben müssen. Leider muss die Weltgemeinschaft feststellen, dass noch immer 1,4 Milliarden Menschen extrem arm sind und sich diese Zahl wegen der globalen Wirtschaftskrise um weitere 64 Millionen erhöhen wird. Angesichts der überquellenden Teller in den reichen Industrieländern und den aufstrebenden Schwellenländer leiden etwa 925 Millionen Menschen permanent Hunger. Es ist deshalb eine Schande, dass die Vereinten Nationen etwa 120 Millionen Menschen pro Tag „füttern“ müssen. Bis zum Jahr 2015 müssen wir demzufolge die Lebensverhältnisse für weitere 400 Millionen Menschen deutlich verbessern.

Etwa 8,1 Millionen Kinder unter fünf Jahren sterben jedes Jahr an Unterernährung und heilbaren oder vermeidbaren Erkrankungen, dies vor allem in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara. Noch erschreckender wiegt der Umstand, dass etwa 1,5 Milliarden Menschen über kein sauberes Trinkwasser und keine Sanitäreinrichtungen verfügen; etwa 60 Prozent der Bevölkerung in Afrika kann sich diesen „Luxus“ nicht erlauben. Die direkten Folgen sind Cholera und Malaria. Die Verantwortlichen vor Ort in den Entwicklungsländern stellen sich heute die bange Frage, welche Auswirkungen der schleichende Klimawandel auf die Welternährung haben wird. Die Frage ist erlaubt, wie angesichts der Schrumpfung der zur  Verfügung stehenden Agrarflächen die wachsende Weltbevölkerung von derzeit nahezu 7 auf 9,1 Milliarden im Jahr 2050 ernährt werden soll.

Darüber hinaus haben etwa vier Milliarden Menschen keinen oder nur ungenügenden Zugang zu elektrischer Energie, obwohl gewusst ist, dass die Energiearmut die Entwicklung sowohl im ländlichen Raum als auch in den Städten hemmt. Die logische Konsequenz aus diesem Mangel ist die Rodung von Wäldern und das Vordringen der Wüste.

Können wir überhaupt begreifen, angesichts unseres ungehemmten Verbrauchs en elektrischer Energie, dass in 90 Prozent der Schulen in Afrika keine elektrische Energie für die Ausbildung zur Verfügung steht? Die Tatsache, dass der afrikanische Kontinent, gesehen bei Nacht, nur drei helle Flecken aufweist – Lagos, Kairo und Johannesburg – spricht Bände. Dabei ist gewusst, dass durch die Nutzung der erneuerbaren Energien allen Menschen in Afrika genügend elektrische Energie zur Verfügung gestellt und noch ein hoher Anteil gegen Devisen exportiert werden könnte. 

Leider stellen wir bei näherem Hinsehen fest, dass der afrikanische Kontinent zum Spielball der Industrieländer und der aufstrebenden Schwellenländer verkommt, die Ausbeutung der Bodenressourcen steht an oberster Stelle. Es mutet noch erschreckender an, dass man sich nicht scheut, angesichts der darbenden Bevölkerung, die Ernte ebenfalls aus Afrika zu exportieren, dies mit dem Stillschweigen der jeweiligen Regierungen. Im Gegensatz dazu flammen kriegerische Auseinandersetzungen an allen Ecken des afrikanischen Kontinents auf, wobei Kindersoldaten eingesetzt werden, ganze Landstriche verwüstet werden und unzähligen Menschen erschreckendes Leid angetan wird.  

Die Armen in den Mittelpunkt rücken

Ban Ki Moon, der Generalsekretär der Vereinten Nationen mahnte in New York an, dass die Millenniumziele aus dem Jahr 2000 ein Versprechen seien, das eingehalten werden muss. Er wies des Weiteren darauf hin, dass etwa 100 Milliarden $ für die Erfüllung der Millenniumsziele 2015 pro Jahr benötigt werden. Man möge sich vergegenwärtigen, dass jeder der zwei Milliarden Menschen, die in den reichen Ländern leben, nur 50 $ oder 35 Euro pro Jahr spenden müsste, und der größte Mangel behoben. Bedingt durch den Mangel an Engagement seitens vieler Länder fehlen 20 Milliarden $ für das Jahr 2010.

Wäre es deshalb nicht angebracht, die Versager zu einem öffentlichen „mea culpa“ in New York anzusprechen. Die Europäische Union hingegen wird eine zusätzliche Milliarde Euro im Rahmen der europäischen Entwicklungshilfe einbringen. Es wäre aber wichtig, diese finanziellen Mittel sehr sinnvoll in vernetzte Projekte einzubringen u.a. in die Ausbildung der Jugendlichen im ländlichen Raum, in die dezentrale Energieversorgung und in die medizinische Betreuung der Landbevölkerung.

Diese Mittel nur an die Regierungen weiterleiten, kann nicht angehen, denn auch die Entwicklungsländer haben sich verpflichtet, durch Rahmenbedingungen für eine gute Regierungsführung zu sorgen, um Erfolge zu erzielen. Es gilt die Korruption in der Politik und in der Wirtschaft zu bekämpfen. Wenn dies nicht gelingt, dann sollte man die Entwicklungshilfe hinterfragen und die weitere Zusammenarbeit überdenken. Luxemburg hatte sich zu diesem Schritt für eine kurze Zeit in seinem Partnerland Niger entschieden.

Anlässlich der Tagung in New York steht die Frage im Raum, ob die Welt den Mut und die Kraft aufbringt, die Millenniumziele 2015 zu erreichen. Auch angesichts der aktuellen Krisen und der wenigen bisherigen getätigten Fortschritte kann es sich die Staatengemeinschaft nicht mehr erlauben, den Blick von den Minderbemittelten abzuwenden.

Wird keine Hilfe angeboten, dann verspielen wir den Frieden auf dieser Welt, denn die Hungernden werden nicht sitzen bleiben und darben, vielmehr werden sie aufstehen und zu den gefüllten Tellern hin wandern.

Dr.-Ing. Marcel Oberweis