Ein neues Gesetz soll die Alterszulassung für Kinofilme auf der Basis der freiwilligen Selbstkontrolle regeln. Télécran sprach mit der Staatssekretärin für Kultur Octavie Modert, die das längst überfällige Gesetz ausarbeiten liess
Theoretisch ist das uralte Gesetz von 1922 noch heute in Kraft, obwohl das System der Freiwilligen Selbstkontrolle längst Praxis ist. Bewegte die Kinoszene sich bislang auf illegalem Terrain?
In einem gewissen Maße schon, streng genommen gab es keine legale Basis für die freiwillige Selbstkontrolle. Aber sie wird schon seit langer Zeit geduldet, zum einen, weil es in Luxemburg nicht viele Kinobetreiber gibt und die Kinolandschaft überschaubar ist, zum anderen, weil die meisten Filme ja aus dem Ausland kommen und diese dort Altersempfehlungen erhalten. Deshalb wird das System in Luxemburg seit langem akzeptiert.
Warum hat es so lange bis zum Ausarbeiten einer legalen Basis gedauert?
Möglicherweise, weil das System in der Praxis so gut funktioniert hat. Aus diesem Grund ist der Gesetzestext auch kurz ausgefallen.
Warum hat sich das Kulturministerium der Sache angenommen, und nicht z.B. das Justiz oder Familienministerium?
In der Praxis befasst sich hauptsächlich der Centre National de l’Audiovisuel mit diesen Fragen, und der untersteht dem Kulturministerium. Das Brainstorming für das neue Gesetz fand aber zwischen Mitgliedern verschiedener Ministerien statt, das war eine kollektive Arbeit.
Nach welchem Modell richtet sich das neue Gesetz?
Wir haben uns an der Praxis in anderen Ländern inspiriert. Es gibt verschiedene Mechanismen für die Altersregelung. Einige Länder praktizieren staatliche und andere parastaatliche Kontrollen, andere wiederum, wie z.B. Deutschland, haben sich für die Autoregulation entschieden. Wir haben auch diese Form gewählt, weil sie bisher gut funktioniert hat, weil die wenigen Kinobetreiber sich ihrer Verantwortung bewusst sind, und es weil mit der Kontrollkommission eine Instanz gibt, die dieses System kontrolliert – es ist das logische Pendant zur Selbstregulierung.
Wie soll diese Kontrollinstanz aussehen? Wer wird Mitglied? Wie wird sie praktisch funktionieren?
Das werden fachkundige und verantwortungsbewusste Leute sein. Die Kriterien hierzu werden sich an ausländischen Modellen inspirieren und im Gesetz verankert sein. Man kann davon ausgehen, dass mehr als 99 Prozent der Altersbeschränkungen ohne Beanstandung akzeptiert werden. Die Kommission hat aber die Möglichkeit, sich selbst mit den Zulassungen der Kinofilme zu befassen und gegebenenfalls einzuschreiten, wenn sie mit der festgelegten Altersgrenze nicht einverstanden ist.
Wer sonst kann Alterbeschränkungen beanstanden?
Das können Ministerien sein, zum Beispiel für Kultur oder Familie, der Staatsanwalt, Organisationen, die sich mit den Interessen von Kindern und Jugendlichen befassen, unter Umständen auch Privatpersonen.
Wie kann die Kommission einschreiten?
Sie kann einen Film kurzfristig und ohne verwaltungstechnischen Aufwand neu klassifizieren, und daran müssen die Kinos sich dann halten. Die Kommission muss dies allerdings auch kurz motivieren.
Was kann einem Kinobetreiber schlimmstenfalls passieren, wenn er sich nicht an die Altersbeschränkungen hält bzw. ihre Anwendung nicht kontrolliert?
Das wird dann als Gesetzesbruch angesehen und dementsprechend juristisch verfolgt. Und wenn wiederholt gegen das Gesetz verstoßen wird, sind härtere Strafen vorgesehen.
Warum betrifft die Selbstkontrolle nur die Kinos und nicht den Verkauf und den Verleih von DVDs?
Diese Frage stellt sich natürlich. Doch es tut sich etwas auf europäischer Ebene, die zuständigen Justizminister haben sich der Sache angenommen und wollen das Problem sozusagen grenzüberschreitend regeln. Wir warten demnach ab, was auf EU-Niveau geschieht, statt einen Alleingang zu machen.
Quelle: Télécran, 23. Mai 2007, Claude François