Klimaschutz ist auch Entwicklungshilfe

Drei Fragen an Fernand Boden
Als Präsident der Nachhaltigkeitskommission nahm auch der CSV-Abgeordnete Fernand Boden am Klimagipfel in Durban teil. Er bezeichnet das Resultat als eher enttäuschend.

Fernand Boden, warum enttäuschend?

F. Boden: Weil den wissenschaftlichen Erkenntnissen über den Klimawandel nicht genügend Rechnung getragen wurde. Wissenschaftlern zufolge muss der Höchststand der C02-Emissionen 2020 erreicht sein und danach abnehmen, um das Ziel, die Erderwärmung um nicht mehr als zwei Grad ansteigen zu lassen, erzielen zu können.
In Durban kam man wohl überein, bis 2015 ein juristisch verbindliches Instrument auszuarbeiten, in das alle Staaten (auch USA, China, Indien, Russland, Brasilien) mit großen C02- Emissionen eingebunden sind.
Leider soll dieses verbindliche Abkommen aber erst 2020 in Kraft treten. Das heißt der C02-Höchststand wird frühestens 2030 erreicht.
Positiv ist allerdings die Beschlussfassung über den „Green Climate Fund“, der den Entwicklungsländern ab 2020 jährlich 100 Millionen Dollar zur Verfügung stellen soll, um den negativen Folgen des Klimawandels entgegenwirken zu können.


Was bedeuten die Beschlüsse der Klimakonferenz für Luxemburg?

Fernand Boden: Die Schaffung und die finanzielle Ausstattung des „Grünen Klimafonds“ wird nicht ohne Auswirkungen auf den Luxemburger Haushalt bleiben, denn die EU wird sicherlich einer der größten Beitragszahler sein.
Vielleicht sollte sich Luxemburg um den Sitz dieses Fonds bemühen. Dies würde ohne Zweifel den Bekanntheitsgrad und den Stellenwert unseres Finanzplatzes vergrößern und ihm neue interessante Perspektiven eröffnen.
Die Zusage der großen Industrie- und Entwicklungsländer ihre C02-Emissionen stark zu reduzieren und dies verbindlich in einen internationalen Vertrag einschreiben zu lassen, wird die EU dazu führen, ihre Ziele betreffend die Energie- und Klimapolitik anzupassen, um zum Beispiel nicht mehr eine 20-, sondern eine 30-prozentige Reduktion der C02-Emissionen bis 2020 zu erreichen.
Dies wird sich auch auf unsere Energie- und Klimapolitik auswirken. Wir müssen sicherlich in den nächsten Jahren viel größere Anstrengungen in puncto Reduktion der C02-Emissionen, Energieeffizienz und Einsatz erneuerbarer Energien machen.
Die Versammlung der Parlamentarier hat in Durban auf die Weitsichtigkeit der Rolle der Städte und der Gemeinden im Kampf gegen den Klimawandel hingewiesen. Luxemburg liegt mit seinem Gesetzprojekt zur Schaffung eines Klimapakts zwischen Staat und Gemeinden ganz im Trend dieser Entwicklung.

Was war die Rolle der EU bei der Klimakonferenz?

F. Boden: Die EU konnte glaubhaft darlegen, dass sie bereit ist, eine Führungsrolle im Kampf gegen den Klimawandel zu übernehmen. Gemeinsam mit den Entwicklungsländern, die am ärgsten von den Folgen des Klimawandels betroffen sind, konnte sie genügend Druck aufbauen, um Länder wie China, USA und Indien endlich dazu zu bewegen, sich in ein verbindliches juristisches Instrument einbinden zu lassen, das eine Kehrtwende in puncto Klimawandel ermöglichen soll.
Klimawandel und Entwickelungshilfe hängen eng zusammen, wurde in Durban betont. Wie ist das zu verstehen?
Zwischen der Bekämpfung des Klimawandels und der Bekämpfung des Hungers und der Armut gibt es einen direkten Zusammenhang. Es sind nämlich die ärmsten Länder, besonders in Afrika, und dort vor allem die ländlichen Regionen, die am stärksten von den Folgen des Klimawandels betroffen sind.
Dem Aufbau einer nachhaltigen und klimaresistenten Landwirtschaft wurde eine entscheidende Rolle im Kampf gegen Hunger und Klimawandel zuerkannt. Die Gelder welche von der Entwicklungshilfe und vom Klimafonds zur Verfügung gestellt werden, müssen verstärkt dieser Aufgabe gerecht werden.
Momentan werden in der EU nur 4% der Entwicklungshilfe (weltweit sind es 7%) in den Auf- und Ausbau der Landwirtschaft investiert, was komplett ungenügend ist, um den Milleniumzielen und den Klimawandel gerecht zu werden.
Auch die Luxemburger Hilfeprogramme müssen dieser Zielsetzung stärker Rechnung tragen.

Quelle: CSV-Profil, 17. Dezember 2011