2011 – Das Internationale Jahr der Wälder

von Dr.-Ing. Marcel Oberweis

Das zu Ende gehende Jahr der Biologischen Vielfalt 2010 geht nahtlos in das Internationale Jahr der Wälder 2011 über. Die Konferenz in Nagoya hat eindeutig den Erhalt der Biodiversität als die unverzichtbare Grundlage für das Überleben der Menschheit hervorgehoben.

Das zu Ende gehende Jahr der Biologischen Vielfalt 2010 geht nahtlos in das Internationale Jahr der Wälder 2011 über. Die Konferenz in Nagoya hat eindeutig den Erhalt der Biodiversität als die unverzichtbare Grundlage für das Überleben der Menschheit hervorgehoben. Wenn die Tier- und Pflanzenarten, die genetische Erbinformationen und insbesondere die Waldlebensgemeinschaften nicht ausreichend geschützt werden, dann wirkt sich dies unmittelbar auf die ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Leistungen der  Wälder aus. Das Ziel der weltweiten Aktion zum Schutz der Wälder im Jahr 2011 besteht drin, den Erhalt der Wälder zu fördern. Es soll in einem verstärkten Maß auf die hohe ökologische und wirtschaftliche Bedeutung der Wälder und die nachhaltige Waldbewirtschaftung hingewiesen werden.

Bemüht man die Geschichte, so sollte auf die Dekrete zum Schutz der Wälder hingewiesen werden, laut denen der Freiberger Berghauptmann Carl von Carlowitz in seinem Buch „Sylvicultura oeconomica“ die Leitlinie der nachhaltigen Waldbewirtschaftung im Jahr 1713 festgelegt hat. Der Wald sollte so bewirtschaftet werden, dass alle Generationen gleichmäßig am Ertrag beteiligt seien, d.h. nur ein Teil der Zinsen des Waldertrags sollte benutzt werden, das Kapital jedoch immer, wohl verjüngt, weitergereicht werden.

Die Wälder bieten etwa zwei Drittel aller Arten der Flora und der Fauna die Lebensräume an, um sich zu entfalten. Durch die Rodung der tropischen Regenwälder werden nicht nur diese Lebensräume bedroht, sondern auch diejenigen der indigenen Völker. Man schätzt, dass etwa 100 Arten aus der Biodiversität pro Tag vernichtet werden. Die Tatsache, dass wohl neue Arten entdeckt werden, kann über diesen Verlust nicht hinwegtrösten, denn die Frage ist erlaubt: „Wieso vergreifen sich die Menschen an der Natur auf diese frappierende Weise?“ Es sei ebenfalls auf die europaweite Meinungsumfrage hingewiesen, laut welcher sich 88 Prozent aller EU-Bürger für den Erhalt der Biodiversität einsetzen, demzufolge muss vor allem den Wäldern eine erhöhte Priorität eingeräumt werden.

Muss man auf die Tatsache hinweisen, dass die Wälder eine besondere Rolle im globalen Kohlenstoffhaushalt spielen. Der Erhalt der Wälder und die Vergrößerung der Waldflächen stellen deshalb einen wichtigen Beitrag zum Schutz des Klimas dar. Für die Wälder ist das Kohlendioxid das Lebenselixier, das sie zum Wachsen benötigen. Bei der Photosynthese nehmen die Bäume das Gas aus der Atmosphäre auf und schließen es in Form von Kohlenstoff für lange Zeit in ihrem Holz ein. Demzufolge sind riesige Mengen an Kohlendioxid in den Wäldern eingespeichert. Wird dieses Kohlendioxid durch den Verbrennungsprozess wieder freigesetzt, dann steht es wieder für die wachsenden Wälder zur Verfügung. In den unberührten Naturwäldern, in denen der Mensch keinen Eingriff durchführen darf, befindet sich der Kohlenstoffhaushalt im Gleichgewicht, denn die Bäume nehmen kein zusätzliches Kohlendioxid aus der Atmosphäre auf.

Laut den Angaben der Weltbank liefern die Wälder durch die Entwaldung, sprich den Raubbau, etwa 20 Prozent der globalen klimaschädlichen Treibhausgasemissionen. In den Wäldern inklusive den Waldböden lagern mehr als eine Billion Tonnen Kohlenstoff, doppelt so viel wie in der Atmosphäre. Weltweit gesehen ist im Holz aller Wälder über 85% des in Pflanzen gebundenen Kohlenstoffs enthalten. Die Wälder spielen demzufolge eine große Rolle für die Treibhausgasbilanz, speichern sie doch erhebliche Mengen an Kohlenstoff in der Biomasse und liefern den Sauerstoff. Die Bindungskapazität an Kohlenstoff von 1 ha Wald für unterschiedliche Baumarten während 100 Jahren weist bei durchschnittlichen Verhältnissen folgende Resultate auf: für die Buche etwa 230 Tonnen, für die Eiche etwa 220 Tonnen und für die Fichte etwa 160 Tonnen. Die steigende Temperatur der Atmosphäre verringert jedoch, wie rezente Studien gezeigt haben, die CO2-Aufnahmefähigkeit. Demzufolge verbleibt mehr CO2 in der Atmosphäre, es kommt zu einer positiven Rückkopplung und die Erwärmung wird gefördert mit allen bekannten negativen Folgen.

Man kann davon ausgehen, dass der nachhaltige Schutz der Wälder die einfachste und die wirtschaftlich realistischste Klimaschutzmaßnahme darstellt, dem ist leider nicht so. Leider fallen 13 Millionen ha Wald, die Landfläche Griechenlands, jährlich dem Raubbau und den Bränden zum Opfer. Dies führt zu einer Freisetzung von zwei Milliarden Tonnen Kohlenstoff pro Jahr.  Das Ausmaß der schleichenden Katastrophe lässt sich z. B. mit Zahlen verdeutlichen. Indonesien hat ein Viertel seiner gesamten Waldfläche zwischen 1990 und 2006 verloren, die Waldfläche von 300 Fußballfeldern verschwindet täglich, damit dort Palmölplantagen erstellt werden. Das Palmöl, Biotreibstoff der ersten Generation, wird dann zu den Industrie- und Schwellenländern transportiert, um dort „auf ökologisch getüncht“ als Beimischung in den Motoren der Blechkarossen verbrannt zu werden. In meinen Augen „Schwachsinn der höchsten Potenz“.

Die Biokraftstoffe decken heute bereits 1,7 Prozent des Kraftstoffbedarfs im Verkehrssektor. Sie stammen aus den Pflanzen u.a. Mais, Soja und Raps. Diese Pflanzen fehlen jedoch als Nahrung für Hunderte von Millionen Menschen, es kommt zu einer Verschärfung der Ernährungslage, insbesondere in den Entwicklungsländern. Die Wissenschaftler neigen immer stärker dazu, den Biokraftstoffen der zweiten Generation den Vorrang zu geben, dies sind nicht mehr die Nutzpflanzen selbst, sondern deren Restabfall bei der Verarbeitung. Es muss jedoch unterstrichen werden, dass nur solche Biokraftstoffe auf den Markt kommen dürfen, die international vereinbarte Nachhaltigkeitsstandards für die Produktion von Biomasse und die nötige Zertifizierung vorweisen. Es wurde deshalb anlässlich der Cancun-Konferenz im Dezember 2010 der Aufruf gemacht:„Wenn wir es schaffen, bis 2050 die Entwaldung um fünfzig Prozent zu verringern, dann werden 50 Milliarden Tonnen an Kohlendioxidemissionen einsparen.“

Fazit

Das oberste Gebot muss der Erhalt der Biologischen Vielfalt und somit der Wälder sein, die fortschreitende Zerstörung von Lebensräumen, dies aufgrund von „kurzfristigem billigem Gewinn“, muss unterbunden werden. Der Schutz der Wälder muss als Querschnittsaufgabe in die mittel- und langfristige Politikgestaltung integriert werden. Es kann nicht angehen, dass sich die Waldfläche nur in Europa ausdehnt und hier die nachhaltige Forstwirtschaft befolgt wird. Die gleichen Kriterien müssen überall angewendet werden, denn jeder Erdenbürger hat die „gleichen Rechte“ auf genießbares Trinkwasser, gesunden Boden und saubere Luft zum Atmen.

Dieser Bewusstseinswandel muss jeden einzelnen Mitbürger zu mehr Nachdenken über sein Umweltverhalten im Internationalen Jahr der Wälder 2011 anregen. Der Erhalt der Wälder ist keine Frage des Luxus, sondern sie bedingt die menschliche Existenz. Das Bekenntnis kann deshalb nur lauten: „Den Rückgang der Waldfläche mit allen zur Verfügung stehenden Mittel stoppen.“