Die geopolitischen Spannungen hinsichtlich der Versorgung mit Erdöl und Erdgas sowie die angestrebten Klimaschutzziele zeigen, dass die Zeit gekommen ist, die langfristige und sichere Versorgung der Europäischen Union zu überdenken.
Angesichts der zur Neige gehenden Reserven an fossilen Energieträgern, noch reichen Erdgas und Erdöl für einige Jahrzehnte, werden schwerwiegende Versorgungsengpässe auftreten. Die anstehenden Konflikte im Kaukasus und die langwierigen Verhandlungen in Bezug auf den Bau der neuen Erdgaspipelines durch die Türkei, das Schwarze Meer, die Ostsee und den Balkan unterstreichen dies. Gegenwärtig importiert die EU etwa die Hälfte ihres fossilen Energieverbrauchs und den Angaben der Internationalen Energieagentur zufolge wird dieser Wert auf nahezu 70 Prozent bis 2030 ansteigen.
Die zukünftige Energieversorgung muss deshalb stärker auf die rationelle Nutzung der fossilen Energiequellen und den Einsatz der erneuerbaren Energieträger setzen. Die EU, wichtiger Motor der nachhaltigen Entwicklung ist deshalb gewillt, ihre Treibhausgasemissionen um mindestens 20 bis 30 Prozent bis 2020 und sogar um 50 Prozent bis 2050 zu reduzieren.
Insbesondere im Bereich der Mobilität weist die Europäische Union eine hohe Erdölabhängigkeit auf und darüber hinaus befindet sich die Automobilindustrie in einer schweren Krise. Seit der Erfindung des Otto- und des Dieselmotors im 19. Jahrhundert beherrschen beide die Antriebstechnik der Automobilflotte. Der Klimawandel, die schwindenden Erdölvorräte und die verminderte Energieabhängigkeit fordern ein resolutes Umdenken.
Es gibt jedoch bereits erste Lichtblicke, die aktuelle Krise könnte sich zum Katalysator für die nachhaltige Mobilität erweisen. Die Automobilindustrie setzt deshalb verstärkt auf alternative Antriebskonzepte u.a. die Hybridfahrzeuge. Die Forschung konzentriert sich indes immer stärker auf das reine Elektromobil, allein in China werden jährlich Millionen von Elektroleichtfahrzeugen in den Vertrieb gebracht.
Die Mobilität der Zukunft – der Elektromotor tritt auf den Plan
Angetrieben durch Erfolg versprechende Automobile, welche mit Lithium-Ionen-Akkumulatoren versehen sind und eine Reichweite von mehr als 100 km aufweisen, tritt der Elektromotor aus seinem Schattendasein heraus. Es sollte erinnert werden, dass der Amerikaner Thomas Davenport das erste elektrische betriebene Fahrzeug mit Elektromotor und nicht aufladbarer Batterie bereits im Jahr 1834 konstruierte. Das erste Elektromobil mit einem aufladbaren Bleiakkumulator stellte Gustave Trouvé in Paris im Jahr 1881 vor, es handelte sich um ein Dreirad und dies erreichte bereits 12 km/h. Dies geschah vier Jahre bevor das erste Automobil mit einem Verbrennungsmotor seinen Siegeszug begann.
Damit der stete langsame Wechsel vom Verbrennungsmotor hin zum Elektromotor gelingen kann, bedarf es der Versorgung mit elektrischer Energie. Würde man diese elektrische Energie nur aus den Kohlekraftwerken mit ihren Treibhausgasemissionen oder den Kernkraftwerken bereitstellen, dann ergäbe sich kein Gewinn für die Umwelt. Zum Vergleich mögen folgende Informationen vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit aus dem Jahr 2008 dienen.
Der Verbrennungsmotor bedingt im Schnitt 133 g CO2 pro km Fahrstrecke, der Elektromotor auf Basis des aktuellen Energiemix etwa 107 g CO2 pro km und bei Nutzung von ausschließlich erneuerbaren Energien nur 5 g CO2 pro km. Bei Betrachtung der Energiebilanz erkennt man, dass beim Elektromobil der Nutzungsgrad vom Akku bis zum Rad mit 85 bis 90 Prozent angegeben wird, hingegen mit nur 25 Prozent für das Verbrennungsmobil. Die Elektromobilität stellt nur dann einen Gewinn für die Umwelt dar, wenn die elektrische Energie für den Elektromotor aus erneuerbaren Energien: Wasserkraft, Solarenergie und Windenergie, bereitgestellt wird.
Hinsichtlich des Ladeprozesses geben die Hersteller zwei Möglichkeiten an: Beim Anschluss des Lithium-Ionen-Akkumulators an eine 380 V-Steckdose, dauert der Ladevorgang 25 Minuten um etwa 80 Prozent der Kapazität einzuspeichern. Möchte man den Akkumulator jedoch auf 100 Prozent laden, dann dauert der Vorgang etwa sieben bis acht Stunden, man kann dies während der Nacht durchführen, resp. während der Arbeitszeit. In diesem Zusammenhang spielen die mit Photovoltaikzellen versehenen Parkingflächen eine große Rolle der erneuerbaren Mobilität.
Angesichts der Tatsache, dass die Europäische Union sich dazu bekannt hat, den Anteil der erneuerbaren Energien auf 20 Prozent bis zum Jahr 2020 zu steigern, stellt die sich im Aufbau befindliche Elektroautoflotte einen wichtigen Partner dar. Die zu errichtenden Offshore-Windparks mit mehreren 100 MW elektrische Leistung in der Ost- und der Nordsee sowie die Photovoltaikanlagen in südlichen europäischen Ländern liefern die benötigte elektrische Energie für den Ladeprozess der Akkumulatoren.
Für die Energieversorger ergibt sich ein weiterer Vorteil, indem sie den überschüssigen Wind- und Solarstrom zum Ladevorgang in den Akkumulatoren als kostengünstige standortgebundene Speicher benutzen. Damit das Konzept passt, sollten einer 3 MW-Windenergieanlage etwa 300 Elektrofahrzeuge gegenüberstehen. Bei auftretendem Mangel an Spitzenleistung im Verbundnetz hingegen, kann man auf die geladenen Lithium-Ionen-Akkumulatoren der Elektromobile zurückgreifen, die am Netz zum Ladevorgang angeschlossen sind. Durch die intelligente Steuerung im europäischen Verbundnetz bieten sich somit die Elektromobile als virtuelle Energiespeicher und -lieferanten an. Es ist deshalb wichtig, die länderübergreifenden Verbundleitungen so auszulegen, damit sie ausreichend Kapazitäten haben, um die Schwankungen der erneuerbaren Energien zu verkraften.
Bedingt durch den Umstand, dass die Elektrofahrzeuge sehr geräuscharm und keine Schadstoffe emittieren, eigen sie sich vorzüglich für den Pendlerdienst in den Ballungsgebieten, hier sollten Staat und Gemeinden eine Vorreiterrolle übernehmen. Sicher wird der Anschaffungspreis eines Elektromobils zu Beginn der Einführung höher als des vergleichbaren Verbrennungsmobils sein, aber die Mehrkosten lassen sich schnell gegenüber dem teurer werdenden Benzin und Diesel sowie den Wartungskosten aufrechnen. Bei Einsicht der bereits vorliegenden Unterlagen erkennt man, dass sich die Energiekosten eines Elektromobils auf etwa 3 Euro für eine Fahrt von 100 km belaufen, der Energieinhalt des Lithium-Ionen-Akkumulators für diese Fahrtstrecke beträgt etwa 15 kWh.
Einen weiteren faszinierenden Aspekt bietet auch die Möglichkeit der Bereitstellung von erneuerbarer elektrischer Energie aus den Maghreb-Staaten und der Sahara. Dieses Konzept wird derzeit durch ein breit angelegtes Konsortium von Unternehmen, Banken und Versicherungen SOLARTEC auf seine Machbarkeit untersucht. Wenn diese Zusammenarbeit gelingt, dann erhalten die Menschen in den Ländern südlich des Mittelmeeres ebenfalls die Möglichkeit, eine nachhaltige elektrogetriebene Mobilität auf erneuerbarer Basis aufzubauen und den Überschuss an elektrischer Energie in die Länder nördlich des Mittelmeeres zu leiten, ein Beispiel von technologischer und wirtschaftlicher Zusammenarbeit.
Die Elektromobilität stellt einen wichtigen umfassenden Ansatz im Rahmen der nachhaltigen Entwicklung dar und sollte unsere Wirtschaft auf die kommende „Nach-Erdöl-Ära“ vorbereiten.
Marcel Oberweis