Die Erde zählt nunmehr 7 Milliarden Menschen – eine neue Dimension

Überschattet durch die anderen Ereignisse politischer Tragweite und die unterschiedlichen Naturkatastrophen blieb die Meldung, dass die Geburt des 7.000.000.000sten Erdenbürger bevorsteht, weitgehend ohne Kommentar in der Öffentlichkeit.

Dieser Erdenbürger wird das Licht der Welt ohne Zweifel in einem Drittweltland am 31. Oktober 2011  erblicken, die Vereinten Nationen haben sich auf dieses Datum, eher mit symbolischem Charakter, festgelegt. Die bange Frage ist jedoch gestellt: „Wie viele Bewohner verkraftet die Erde noch?“ Mit dem Anwachsen der Weltbevölkerung stoßen wir unvermeidlich an die Grenzen des Verbrauchs an natürlichen Ressourcen und die Umweltbelastungen nehmen in einem erschreckenden Maß zu. Wir können die Produktion von Lebensmitteln, die Bereitstellung von Energie und die Inanspruchnahme von Landflächen nicht endlos steigern, unser  Planet verfügt über Grenzen.

Die aktuelle Hungerkatastrophe am Horn von Afrika beweist eindringlich, dass die Bereitstellung von Nahrungsmitteln das brennendste Problem darstellt. Das Hungerproblem sowie die chronische Unterernährung in vielen Entwicklungsländern haben viele Ursache u.a. die falsch geleitete Agrarpolitik in diesen Ländern. Zusätzlich gesellen sich noch die grassierende Korruption sowie die Landflucht und das fehlende Kapital hin zu moderner Agrartechnik dazu. Ganz zu schweigen von dem in den letzen Jahren durchgeführten „Landklau“, durch welchen den Menschen in den Entwicklungsländern schlichtweg ihr Grund und Boden von den reichen Ländern entzogen wird. Ebenso fatal wirkt sich mittlerweile die Abholzung von Wäldern in den Entwicklungsländern zur Bereitstellung von weiteren Nahrungsflächen sowie von Palmölkulturen aus. In diesem Zusammenhang befürchten die Experten aufkommende Streitigkeiten bis hin zu Kriegen um die letztlich begrenzten Ressourcen. Die Umweltstiftung WWF schreibt diesbezüglich treffend: „Wir müssen in den kommenden 40 Jahren die gleiche Menge an Lebensmitteln herstellen wie in den vergangenen 8000 Jahren.“ Dies wird jedoch schlichtweg unmöglich sein.

In Anbetracht der demnächst lebenden 7 Milliarden Menschen sei auf das Wachstum der Erdbevölkerung hingewiesen. Die Erde zählte 300 Millionen Menschen zur Geburt Christus und erst im Jahr 1800 wurde die erste Milliarde Menschen erreicht. Im Jahr 2000 waren es bereits sechs Milliarden und im Jahr 2011 werden sich sieben Milliarden die Landfläche teilen. Die Schwellen- und Entwicklungsländer stellen mittlerweile etwa 82 Prozent der Weltbevölkerung und die Tendenz ist steigend. Bedingt durch das höhere Einkommen und dem Entstehen von wohlhabenden Mittelschichten fällt diesen Ländern die Rolle des Wachstumsmotors zu, gepaart mit hohem Verbrauch von natürlichen Ressourcen und Umweltbelastungen.

Den Experten zufolge werden wir folgende Situation im Jahr 2050 vorfinden: Indien mit 1,7 Milliarden, China mit 1,31 Milliarden, Nigeria mit 433 Millionen, die Vereinigten Staaten von Amerika mit 423 Millionen, Pakistan mit 314 Millionen, Indonesien mit 309 und Bangladesch mit 226 Millionen Menschen. Die Vereinten Nationen schätzen, dass dann etwa 9,5 Milliarden Menschen die Erde bevölkern werden. Einer vorsichtigen Prognose der Vereinten Nationen zufolge soll sich die Anzahl der Erdbewohner auf 10,5 Milliarden im Jahr 2100 einpendeln, dies jedoch abhängig von politischen Turbulenzen, von Kriegen und von Umwelteinflüssen. In Afrika wird sich die Zahl der Erdenbürger von 1 Milliarde auf 3,6 Milliarden im Jahr 2100 erhöhen. In Europa hingegen wird sich die Bevölkerung verringern, von aktuell 738 Millionen auf 674 Millionen Menschen. Ein wichtiges Element der weltweiten Bevölkerungsentwicklung stellt ohne Zweifel die Familienplanung dar, diese ist leider in vielen Entwicklungsländern noch mangelhaft, dies aus unterschiedlichen Ursachen. Um hier schnell Remedur zu schaffen, bedarf es der Aufklärung und der finanziellen Hilfestellung. Solange der Kindersegen  als die Altersversorgung der Eltern angesehen wird, kann keine Trendwende eintreten.

Eine Tatsache ist unumstößlich, wenn die Weltbevölkerung ihren Lebensstandard nicht radikal verändert, dann werden drei bis vier Planeten für das Überleben gebraucht. Wir werden deshalb den ökologischen Fußabdruck unbedingt verringern müssen d.h. die verantwortungsvolle und nachhaltige Entwicklung wird die Leitschnur aller kommenden Politiken werden, beginnen müssen die industrialisierten Länder. Hat nicht bereits vor Jahren der Evolutionsbiologe Jared Diamond in seinem Buch „Kollaps“ angedeutet, dass jene Kulturen untergehen werden, die nicht bereit sind, sich mit den vorhandenen Ressourcen zu arrangieren, sich also mit dem zu begnügen, was schon da ist oder regenerierbar ist. Sind diese Fakten an sich schon bedrückend, noch schlimmer erweist sich die Landflucht in den aufstrebenden Entwicklungsländern. Die Jugendlichen verlassen ihre Dörfer und streben in die Städte, die Menschenmassen in den Megastädten erhöhen sich permanent. Man geht davon aus, dass im Jahr 2050 etwa 70 Prozent der Weltbevölkerung in den Städten leben werden, im Jahr 2008 waren es deren 50 Prozent.

Die kürzlich anlässlich der Weltwasserwoche in Stockholm vorgestellte Studie des WWF hebt diese Befürchtungen hervor. Sie weist des Weiteren darauf hin, dass nicht nur die Megastädte und die Metropole, sondern auch die ländlichen Regionen mit den Wasserproblemen zu kämpfen haben. In mehreren Regionen mit einer intensiven Landwirtschaft stoßen die Menschen an die Grenzen, den Ertrag noch zu steigern. Hierzu zählen die Landflächen im nördlichen China, im indischen Punjab, in der Sahelzone, in Patagonien (Südamerika), die mexikanische Hochebene sowie der Mittlere Westen der Vereinigten Staaten von Amerika. Die Hungersnöte sind die unausbleiblichen Konsequenzen und etwa 2 Milliarden Menschen sehen sich einem akuten Trinkwassermangel ausgesetzt. Durch die Zusammenballung der Menschenmassen auf engstem Raum kommt es unweigerlich zu sozialen und ethnischen Spannungen sowie einer dramatischen Lebensqualität.

Es drängt sich auf, die aktuelle Politik überdenken. Die Privilegien hinsichtlich der Ressourcennutzung einiger weniger Millionen Menschen müssen eingeschränkt werden, damit die anderen Milliarden Erdbewohner auch ein ehrbares Stück vom Kuchen erhalten; der Brosamen sind genug verteilt worden. Das Gejammer um den verlorenen „virtuellen“ Reichtum an der Börse in Höhe von Tausenden Milliarden € in den vergangenen Wochen hat letztendlich gezeigt, wo die Menschheit krankt. Mit diesem „Geld“ wäre, wenn es denn vorher sinnvoll investiert worden wäre, sicherlich die Armut in den Drittweltländern in einem erheblichen Maß verringert worden. Nur die gerechte Verteilung stellt den entscheidenden Beitrag zum langfristigen Überleben aller Erdenbürger dar.

Marcel Oberweis