Umdenken ist angesichts der Katastrophe im Golf von Mexiko dringend angesagt

von Dr.- Ing. Marcel Oberweis







Umdenken ist angesichts der Katastrophe im Golf von Mexiko dringend angesagt

Die langfristige, sichere und nachhaltige Energieversorgung sowie die Folgen des Klimawandels für den Menschen und die Biodiversität rücken immer stärker in den Mittelpunkt der wissenschaftlichen und politischen Diskussionen. Die rezente Debatte bezüglich des Nationalen Plans für die nachhaltige Entwicklung im Parlament hat den Weg aufgezeichnet, den Luxemburg in den kommenden Jahren beschreiten möchte. Gefordert wird die kohärente Vernetzung zwischen der Wirtschaft, der Umwelt und dem Sozialen, dies durch die Einbindung der Ministerien und Verwaltungen. Mit dem IVL als Richtschnur werden die Bereiche: Wohnen, Arbeit, Transport, Umwelt, Landesplanung, Energieversorgung und Industriezonen verzahnt. Die Großregion wird darüber ebenfalls eingebunden, im Speziellen der grenzüberschreitende Verkehr.

Angesichts der hohen Treibhausgasemissionen muss der Umdenkprozess hin zu einer Verringerung mit Vehemenz eingeläutet werden. Der Verkehrsbereich, verantwortlich für etwa 60 Prozent der nationalen Emissionen, weist bereits die ersten positiven Resultate auf, dies aufgrund der auf den Markt kommenden umweltfreundlicheren Automobile und des gesteigerten Angebots des Öffentlichen Verkehrs. Im Wohnungsbau, welcher über die größten Energiesparpotenziale verfügt, macht sich dieser Prozess auch bemerkbar, da der Niedrigenergie- resp. der Passivbauweise eine hohe Beachtung gewidmet werden, dies nach dem Motto: Heute sinnvoll investieren um morgen effizient zu sparen. Den neuen vorliegenden Neubauprojekten ist insbesondere die sanfte Mobilität ein nachhaltiges Markenzeichen.

Mittels des intelligenten Einsatzes von Technik, Wissen und Kapital werden wir den Energieverbrauch drastisch verringern, dem Klimawandel begegnen und die Lebensressourcen entscheidend entlasten. Die Umweltinnovationen vorantreiben, um die Energieeffizienz zu erhöhen, stellt eine der politischen Lösungsvorschläge zur Bekämpfung der aktuellen Wirtschaftskrise dar. Wegen ihrer begrenzten Verfügbarkeit und schädlichen Hinterlassenschaft können die fossilen und nuklearen Energieträger nicht mehr die wichtigen Träger der kommenden Energieversorgung sein, sie werden mittelfristig ausscheiden.

Langfristig stehen nur die Solar- und die Windenergie sowie die Biomasse als zuverlässige und umweltfreundliche Energiequellen zur Verfügung, dies in Zusammenarbeit mit intelligenten Verteilungsnetzen. Die breit angelegte Einführung der nachhaltig organisierten Energiezukunft wird einerseits die Energie- und Umweltprobleme lösen und andererseits auch dauerhafte Arbeitsplätze schaffen. Außerdem sollte nicht vergessen werden, dass es durch die Nutzung der erneuerbaren Energien und die Investitionen in den effizienten Energieverbrauch zu einer erhöhten Wertschöpfung kommt.

Es macht deshalb Sinn, dass die Europäische Union nunmehr auf mehr Effizienz und erneuerbare Energien setzt, sie, die mit ihren 500 Millionen Einwohner nur noch für 13 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich zeichnet. Bis zum Jahr 2020 möchte sie den Anteil der erneuerbaren Energien auf 20 Prozent des Gesamtenergieverbrauches steigern und die Energieeffizienz um 20 Prozent erhöhen.

Luxemburg wird seinen derzeitigen Anteil von 1 Prozent auf 11 Prozent anheben müssen und dies durch die den Bau von unterschiedlichen Anlagen zur Nutzung der erneuerbaren Energien im Land und durch die Beteiligung an Projekten in der Europäischen Union. Hier sticht insbesondere die Beteiligung an den offshore-Windenergieparks in der Nordsee hervor. Der Bau der 11. Pump-Turbine mit einer Einheitsleistung von 200 MW im Spitzenleistungskraftwerk Vianden mit dem Zweck den überschüssigen Windstrom kurzzeitig zu speichern, stellt einen wichtigen Beitrag in dem rasch wachsenden vernetzten europäischen Hochspannungsverteilungsnetz dar.

Die Tatsache, dass laut den Aussagen der Internationalen Energiebehörde IEA in Paris zurzeit etwa 450 Milliarden Euro pro Jahr weltweit in die Subvention der fossilen Energien fließen, lässt erahnen, welchen Vorteil diese gegenüber den erneuerbaren Energien haben. Wenn wir jedoch das Gleichgewicht zwischen dem gewünschten Wachstum und der Nachhaltigkeit finden wollen, dann bedarf es umgehend eines Paradigmenwechsels, dies angesichts der rasanten Geschwindigkeit, mit welcher sich unsere Welt verändert. Insbesondere im Bereich Energieversorgung wird ein Anwachsen um 50 Prozent bis zum Jahr 2030 vorausgesagt und die Spannungen im Verteilungskampf sind vorprogrammiert. Der globale Konkurrenzkampf um Erdöl, Erdgas und Kohle wird härter, die Verkäufer sitzen am langen Hebel.  Wenn die Europäische Union die Fessel der Abhängigkeit von den fossilen Energien abschütteln will, dann braucht sie Mut und dies angesichts des anstehenden Klimawandels.

Sollte uns deshalb die am 20. April erfolgte Explosion der Erdölplattform „Deepwater Horizon“ im Golf von Mexiko nicht vor Augen führen, wohin der unbändige Hunger nach fossilen Energien die Menschheit treibt. Seit dem Unfall strömen täglich zwischen drei bis sechs Millionen l Erdöl in das Meer und das Unternehmen BP musste bereits 1,3 Milliarden Euro für die Schadensbekämpfung aufbringen. Es wird mit Kosten in Höhe von 33 Milliarden Euro gerechnet. Mit den Bildern des riesigen Erdölteppichs sieht die Menschheit das Elend dieser unglaublichen Umweltverschmutzung. Nicht nur auf der Oberfläche spielen sich dramatische Ereignisse für Mensch und Umwelt ab, vielmehr kommt es zu schädlichen Störungen auch in den tiefen Schichten des Golfs. Den Aussagen der Ozeanforscher zufolge wird der Ölteppich um die Südspitze Floridas in den Golfstrom einmünden und die Ostküste Amerikas verschmutzen. Es ist jedoch noch nicht auszuschließen, ob diese Verschmutzung auch über die Distanz von 6000 km die europäischen Küsten erreicht.

Schlussgedanken

Die Katastrophe muss der Menschheit vor Augen führen, dass sie die Unwägbarkeiten ihrer „energetischen“ Handlungen nicht abschätzen kann. Nehmen wir denn nicht wahr, dass rund 86 Millionen Barrel Erdöl täglich weltweit verbraucht werden? Dies entspricht einem Volumen von 14 Milliarden l, eine Menge die für Heizen, Bewegen, Medikamente, Düngemittel, Kunststoffe, Waschmittel und Farben eingesetzt wird.

Der Zusammenhang zwischen Wirtschaft, Umwelt und Sozialem ist heute von fundamentaler Bedeutung, die ökologische Wende wird deshalb als ein wichtiger Ausweg der Finanzkrise angesehen. Die Entwicklung der benötigten Technologien, der Umbau unserer Städte und der Versorgungsstrukturen wird das Wachstum und die Arbeitsplätze hervorbringen.  

„Wer kein Ziel vor Augen hat, dem fehlt der Anreiz sich anzustrengen“ dies möge der Leitspruch für den geforderten neuen Aufbruch sein. Luxemburg wird sich diesem nicht entziehen können, vielmehr den nachhaltigen Weg mit Mut beschreiten müssen.