In der Ruhe liegt die Kraft

Wort Sommerserie: Schwarz-Rot unter der Lupe. Das Aktionsprogramm für den Mittelstand liegt vor, der Entfesslungsplan für die Klein- und Mittelbetriebe ist geschrieben, das jüngste Fünfjahrespaket für die Tourismusbranche geschnürt und der Pacte logement hat die erste Abstimmungshürde überstanden: Angesichts dieses ansehnlichen Arbeitsnachweises kann Abonnementsminister Fernand Boden seit nunmehr 29, 19 und 13 Jahren zuständig für die Bereiche Fremdenverkehr, Mittelstand und Wohnungsbau – die letzte Runde der Legislaturperiode ganz gelassen angehen.

Von Marc Schlammes

Dass Boden mit der Gesetzvorlage 5696, deren Kernstück der Wohnungsbaupakt zwischen dem Staat und den Gemeinden ist, im Herbst am Krautmarkt nachsitzen muss, wird der langjährige Ressortminsiter als eine reine Formsache hinnehmen, die der verfassungsrechtlichen Prozedur geschuldet ist. Das zweite Votum ist nötig, da der Staatsrat aufgrund von drei formellen Einwänden (u. a. zum Vorkaufsrecht für Staat und Gemeinden), auf die Regierung und parlamentarische Majorität nicht eingingen, im Juli die Dispens verweigerte. 

Drei Jahre, nachdem Schwarz-Rot ihre Wohnungsbauoffensive angekündigt hat, werden dann die gesetzlichen Grundlagen geschaffen sein, um diese Offensive anzugehen – mit dem Ziel, die Schieflage am Wohnungsmarkt zu begradigen. Ergänzt werden soll das Angriffsarsenal durch den sektoriellen Leitplan "Wohnungsbau", der im Rahmen des IVL unter Federführung des Innen- und Landesplanungsministeriums ausgearbeitet werden soll. Auch wenn die Christlichsozialen im Wohnungsbau die politische Verantwortung tragen, stehen insbesondere die Sozialisten aufgrund ihres 2004er Wahlversprechens nach bezahlbarem Wohnraum in der Bringschuld. 

Rückblick. "Zanter 1991 hunn ech als Staats- a Finanzminister alles gemaach fir d’Wunnen zu Letzebuerg fir jiddfereen hei am Land erschwinglech ze maachen. Ech si bei dem Versuch gescheitert (…) Mee ech fannen, an ech konsidéréiren dat als e grousse perséinlechen Echec, datt ech an der Wunnengsfro versot hunn (…) Ech fanne mech net mat däer Fehlentwicklung um Letzbuerger Wunnengsmaart of ‘: Es war im Oktober 2005, als Premierminister Jean-Claude Juncker mit dieser bedenklichen Bestandsaufnahme aufwartete und gleichzeitig akuten Aktionsbedarf in Aussicht stellte. Ein halbes Jahr später lagen die Eckpunkte der Regierungspolitik vor, so wie sie in großen Zügen bereits im Koalitionsabkommen vom August 2004 festgehalten worden waren, u. a. eine stärkere Einbeziehung der Gemeinden und eine Erweiterung des staatlichen Spielraumes durch Grundstücksreserven und des Vorkaufsrechts. 

Ab April/Mai 2006 sah sich Fernand Boden in die Defensive gedrängt; das dienstälteste Regierungsmitglied stand mit seinem Pacte logement quasi unter Dauerbeschuss, wobei die Kritikpunkte (größten)teils parteipolitisch begründet bzw. von Partikularinteressen geleitet waren. Und als im Herbst 2007 der Staatsrat sein mit formellen Beanstandungen übersätes Gutachten vorlegte, landete die Gesetzvorlage endgültig auf der legislativen Intensivstation. Erst im Zuge einer intensiven Zusammenarbeit zwischen Ministerium und parlamentarischem Ausschuss konnte die schwarz-rote Mehrheit für Mitte Juni dieses Jahres einen spruchreifen Text vorlegen, der mit den Stimmen von CSV und LSAP gutgeheißen wurde. 

175 Seiten Anleitung zur Entfesslung 

Politiker aller Couleur werden nicht müde, auf den Stellenwert des Mittelstands als Rückgrat der hiesigen Wirtschaft hinzuweisen. Mit einem neuerlichen Aktionsplan für die rund 17 000 Klein- und Mittelunternehmen mit ihren 150 000 Beschäftigten soll dieses Rückgrat nachhaltig gestärkt werden. Zu den Eckpunkten des insgesamt 100 Maßnahmen umfassenden Katalogs, der im April 2008 grünes Licht erhielt, gehören u. a. die Schaffung eines angemessenen Rechtsrahmens, die Anpassung der finanziellen Unterstützung, die Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs, die Förderung der Aus- und Fortbildung sowie der Abbau des administrativen Aufwands. Letzerem ist ein eigenes, 175 Seiten schweres Dokument gewidmet. Es enthält eine Hitliste der zehn schwersten prozeduralen Hürden, welche der Mittelstand zu meistern hat und wurde, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, unter der Regie eines "Commissaire à la simplification administrative" ausgearbeitet. 

Auch wenn sie ihren gesetzlichen Ursprung nicht im Mittelstandsministerium haben, so blieben bzw. bleiben zwei Gesetzgebungen aus dieser Legislaturperiode nicht ohne weitreichende Folgen für die Branche: die Anwendung der Antitabakgesetzgebung vom September 2006, die auch das Gaststättengewerbe betrifft, und die für Anfang 2009 anberaumte Einführung des Einheitsstatuts zwischen Angestellten und Arbeitern. 

50 Millionen Euro für den Fremdenverkehr 

Mit 50 Millionen Euro wird der Tourismussektor, der 9,4 Prozent zur Wertschöpfung des Landes beiträgt, bis 2012 unterstützt. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei der ökologischen Zertifizierung. 

Die Hausaufgaben

Erledigt: 
– Entfesslungsplan für Klein- und Mittelbetriebe 
– Aktionsplan für den Mittelstand 
– Refom des Mietgesetzes 
– Gebäudepass (carnet de l’habitat) 
– Fünfjahresplan im Fremdenverkehr 
– regionale Tourismusämter 

In der Prozedur: 
– Gesetzvorlage 5696 mit dem Pacte logement 

In Arbeit: 
– Abbau des administrativen Aufwandes für Unternehmen (z. B. guichet unique) 
– Reform der Konkursgesetzgebung 
– sektorieller Leitplan Wohnungsbau 
– Reform der Konkursgesetzgebung 
– sektorieller Leitplan Wohnungsbau 

Quelle: Luxemburger Wort, 21. August 2008, Marc Schlammes