“Am 10. Juli geht es um ein klares Bekenntnis zu Europa und zu der Rolle Luxemburgs in der europäischen Union.”
Diejenigen, die die Entscheidung der Luxemburger am 10. Juli kleinreden möchten, irren sich gewaltig. Am ärgerlichsten ist ihre systematisch verbreitete Einschätzung, nach dem “Non” der Franzosen und dem “Nee” der Niederländer habe unser Votum keinen Sinn mehr. Sind wir weniger wichtig als die Franzosen, nur weil es weniger Luxemburger gibt? Nein, wir haben das gleiche Recht auf Meinungsäußerung wie die Franzosen und die Niederländer! Wir sind eine Nation und als solche haben wir dieselben Rechte wie unsere Nachbarn!
Am 10. Juli geht es um ein klares Bekenntnis zu Europa und zu der Rolle Luxemburgs in der europäischen Union.
Wir stimmen nicht darüber ab, ob die Erweiterung notwendig war, ob sie zu schnell kam oder ob man sie auf später hätte verschieben sollen. Die Erweiterung nach Ost- und Mitteleuropa war alternativlos: wäre die EU nicht nach Osten gegangen, so wären die Osteuropäer zu uns gekommen. Wer zu Hause keine Wohlstandsperspektiven hat, der holt sich den Wohlstand dort ab, wo er ist.
Wir stimmen nicht über den Euro ab. Er ist da, Europa sei Dank! Ohne den Euro wären wir nach wie vor der einflusslose Partner der Belgier geblieben, wären wir Opfer aller möglichen belgischen Fehlentscheidungen geworden. Nein, wir stimmen ab über einen Verfassungsvertrag, der Europa weiterbringt und Luxemburgs Stellung in Europa festigt.
Laut neuem EU-Vertrag muss jede politische Entscheidung der europäischen Union auf deren Sozialverträglichkeit hin überprüft werden. Ein enormer Gewinn für die Sozialpolitik!
Laut Verfassungsvertrag muss die EU die nationale Souveränität und die nationale Identität respektieren. Wir werden nicht überrollt!
Laut neuem Vertrag bleiben wir zuständig für unsere Steuerpolitik. Niemand wird uns gegen unseren Willen vorschreiben, dass die Mehrwertsteuer – wir haben die niedrigste in Europa – nach oben angepasst wird. Wir bleiben Herr im eigenen Steuerhaus!
Laut Vertrag behalten wir sechs Europa-Parlamentarier, einen Kommissar zu gleichen Bedingungen wie die Großen, das Recht den EU-Vorsitz auszuüben. Wir werden nicht klein gemacht!
Der Vertrag gibt uns bei Mehrheitsentscheidungen eine gleichgewichtige Stimme wie Deutschland, Frankreich, Italien und England. Wir werden gleichberechtigt behandelt, obwohl wir kleiner sind!
Falls wir Ja sagen, geht die europäische Einigung weiter. Sagen wir Nein, so wird sie gestoppt. Wird sie gestoppt, so wird man uns eines nicht allzu fernen Tages unsere Rechte streitig machen.
Ich möchte, dass wir das bleiben, was wir sind: engagierte Europäer und stolze Luxemburger zugleich.
Darum geht es.
(d’Wort vom 2. Juli 2005)