„Jeder Fall ist einer zu viel“

Die Berichterstatterin des parlamentarischen Sonderausschusses “Jeunesse en détresse”, Marie-Josée Frank (CSV), im Télécran-Interview über Problemfamilien, die Opfer der Spaßgesellschaft und Luxemburgs Nachholbedarf in Sachen Jugendschutz.

Zunächst fragte Télécran / Ausgabe vom 26. November Seite 20: “Wie akut ist das Phänomen “Jugend in Not” in Luxemburg überhaupt?”

Marie-Josée Frank: “Die allermeisten der rund 100 000 Kinder und Jugendlichen kommen ohne größere Probleme in Familie, Schule und Gesellschaft zurecht. Nur ein kleiner Prozentsatz befindet sich in einer Notsituation. Man darf also weder dramatisieren noch verallgemeinern und ich will weiß Gott kein schlechtes Bild von der Jugend zeichnen. Jeder Problemfall ist aber einer zu viel!”

Télécran: “Und was genau ist ein Problemfall?”

Marie-Josée Frank: “Es handelt sich dabei um Kinder oder Jugendliche, die in schwierigen Familienverhältnissen leben oder aufgrund persönlicher Faktoren, Integrationsschwierigkeiten in der Schule und in der Gesellschaft haben. Gewaltanwendung, Drogen- und Alkoholkonsum sowie Essstörungen sind Symptome ihrer Not. Die Erfahrung zeigt, dass die meisten Probleme in der Familie entstehen und die Delinquenz zum Beispiel oft nur eine Reaktion aufs Opferdasein ist.”

… weitere Fragen betreffen die Hauptprobleme

Télécran: “Ihrer Kommission wird gemeinhin ein großer Arbeitseifer bescheinigt. Sie hörten viele Fachleute, aber keinen einzigen Jugendlichen. Warum?”

Marie-Josée Frank: “Die Idee, mit Jugendlichen zu sprechen, kam erst spät – zu spät – auf. Die Arbeiten der Sonderkommission waren so gut wie abgeschlossen. Und wen wir hätten auswählen sollen? Es geht hier ja nicht um die Jugend im Allgemeinen, sondern um Kinder und Jugendliche, die sich in einer schwierigen persönlichen und/ oder familiären Lage befinden. Ich bezweifele, ob eine solche Unterredung wirklich sinnvoll gewesen wäre. Darüber hinaus findet man bekanntlich im Nachhinein immer Punkte, die man hätte besser machen können. Man darf uns jedenfalls keine schlechten Absichten unterstellen.”

(Ausschnitte aus Télécran-Interview Ausgabe vom 26.11.2003)