Politische Kursbestimmung? Fehlanzeige!

Die Rede zur Lage der Nation war enttäuschend. Auf ein Neues wurde überdeutlich sichtbar, dass die Regierung weder einer klaren Richtung folgt, noch eine Vision für die Zukunft des Landes hat. Ein Rechenschaftsbericht wie am Mittwoch vorgetragen, ist keine politische Kursbestimmung. Wer sich letzteres erwartet hatte, blieb ratlos zurück.

Die Dreierkoalition, die angetreten war, die Fenster groß zu öffnen und durchzulüften, beschränkt sich im Wesentlichen darauf zu verwalten.

Dabei wäre gerade jetzt dafür der geeignete Zeitpunkt, sich planvoll auf die Zeiten vorzubereiten in denen das Regieren nicht durch ein robustes Wirtschaftswachstum mit den einhergehenden finanziellen Mitteln erleichtert wird.

Doch die Möglichkeiten, die sich aus der aktuell positiven wirtschaftlichen und finanziellen Situation ergeben, werden nur unzulänglich genutzt. Politische Herausforderungen werden von der Regierung und den Mehrheitsparteien oft nicht bis zum Schluss durchdacht oder sie werden verschleppt.

Ein Beispiel wie wichtige politische Fragestellungen verspätet erörtert werden, ist die Landesplanung.  Nach einem chaotischen ersten Anlauf im Herbst 2014 mussten die vier sektoriellen Leitpläne zurückgezogen werden.  Seither sind besonders die Gemeinden gezwungen, sich in Geduld zu üben und wichtige Projekte aufzuschieben.

Gleichzeitig stemmte sich der, für die Landesplanung verantwortliche, Nachhaltigkeitsminister, gegen den Vorschlag des CSV-Parteipräsidenten vor dem Hintergrund der Wachstumsdynamik einen Zukunftstisch zu organisieren an dem Bürger, Zivilgesellschaft, Sozialpartner und Politik gemeinsam die zukünftige Entwicklung des Landes erörtern, ohne dass bereits ein Zukunftsszenario festgeschrieben ist.  Der Vorschlag lautete, eine umfassende Diskussion zu führen, wie die zentralen Herausforderungen, denen wir uns besser früher als später stellen, auf eine koordinierte Weise angegangen werden können. Wohnen, Mobilität, Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen aber auch die zukünftige soziale, wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung des Landes sollten in einem Zusammenhang gedacht werden. Nicht mehr und nicht weniger.

Zuerst wollte die Regierung nichts von diesem Vorschlag wissen. Schließlich organisierte sie im Herbst 2016 zwei Gesprächsrunden, die aber niemanden zufriedenstellten. Auch weil  Nachhaltigkeitsminister François Bausch bei dieser Gelegenheit, die Sorgen vieler Bürger aber auch von großen Teilen der Zivilgesellschaft als „Phantomdebatte“ abtat. Für kommenden Herbst ist jetzt ein neuer Anlauf mit regionalen Laboratorien geplant.

Doch gleichzeitig baut die Regierung ihre Haushaltspolitik auf der Annahme eines kontinuierlich starken Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstums auf, also der sogenannten Phantomdebatte. Dafür rücken die drei Koalitionsparteien sogar von einem zentralen Ziel des Koalitionsabkommen ab, nämlich einen Haushaltsüberschuss von 0,5 Prozent zu erreichen.

Die Regierung und die drei Mehrheitsparteien spielen offensichtlich ein doppeltes Spiel: Sie nehmen ein langfristig forciertes Wachstum in Kauf, um ihre Wohltaten zu finanzieren. Wer sich aber erlaubt, auf die Folgen  dieser einseitigen Wachstumslogik hinzuweisen, wird der Panikmache bezichtigt.

Es ist sehr zu bedauern, dass Regierung und Mehrheitsparteien scheinbar mehr von der Sorge geleitet werden, nach einer Reihe von Fehlentscheidungen wie dem sogenannten Zukunftspak („so blöd wäre ich heute nicht mehr“ – dixit Etienne Schneider) wieder in der Gunst der Bürger zu steigen, als daran eine verantwortungsvolle Politik für die nachhaltige und stabile Zukunft des Landes zu gestalten.

Marc Spautz
CSV-Parteipräsident

Quelle: “Zu Gast” im “d’Lëtzebuerger Land”