23 Millionen Menschen – in der östlichen Sahelzone vom Hungerstod bedroht

23 Millionen Menschen – in der östlichen Sahelzone vom Hungerstod bedroht

Ohne schnelle finanzielle Zuwendungen werden 23 Millionen im Jemen, in Somaliland, im Südsudan, in Äthiopien, in Kenia, in Eritrea, im Nordosten von Nigeria und in den Regionen in der Umgebung des Tschad-See den Hungertod erleiden. Die Vereinten Nationen und verschiedene weltweit agierende Nichtregierungsorganisationen sprechen von über 4 Milliarden Euro, leider liegen bis dato Zuwendungen in Höhe von nur einer Milliarde Euro vor.

Der Südsudan, der m 9. Juli 2011 seine Unabhängigkeit erlangte, wütet heute ein erbärmlicher Krieg, dessen Ausgang niemand vorhersehen kann. Dieser Krieg um die Erdölreserven hat den Hungertod von fast 5 Millionen Menschen hervorgerufen. Liest man die Berichte aus der Kriegsregion, dann erkennt man, dass der Hunger als Waffe eingesetzt wird und keine der kriegsführenden Mächte sowie ihre Hintermänner Interesse daran haben, den Konflikt zu beenden. Die Erlöse aus dem Verkauf von Erdöl wurden 243 Millionen $ für den Ankauf von Waffen zwischen März und Oktober 2016 ausgegeben, für die darbenden Menschen fallen nur geringe Brosamen ab.

Der Kontinent Afrika zählt zu den großen Verlierern der Globalisierungspolitik und nur durch die erhöhte Teilnahme am Welthandel wird sich die Lage der Menschen wesentlich verbessern. Angesichts der natürlichen Ressourcen mutet es befremdend an, dass der Anteil am Welthandel unter zwei Prozent liegt. Afrika ist als Wirtschaftsstandort nicht vorhanden, der Kontinent ist zum Spielball der Industrieländer und der aufstrebenden Schwellenländer „verkommen“.

Es sei auf die Schieflage hingewiesen, dass Afrika nur 7 % der weltweit getätigten Investitionen erhält. Die Folgen sind: 670 Millionen Afrikaner besitzen keinen Zugang zur elektrischen Energieversorgung, obwohl die Flüsse in Afrika, wenn genutzt, allen Menschen die elektrische Energie bereitstellen können. Fast 700 Millionen Menschen können nicht auf fließendes sauberes Wasser zurückgreifen und fast eine Milliarde Menschen verfügen nicht über eine gesunde Abwasserversorgung. Wie kann es sein, dass Länder u.a. Angola und Nigeria über hohe Einnahmen aus dem Erdölsektor verfügen oder Länder im Zentrum Afrika riesige Ressourcen an Seltenen Erden ihr Eigen nennen, und trotzdem kommen die Menschen nicht aus dem Elend heraus.

Wie so oft wenn eine Hungersnot in Afrika droht, wird die Frage gestellt, wieso es wiederum die vielen Millionen Menschen in der Sahelzone sind, die um das Überleben kämpfen. In China und in Indien schreitet die Verringerung der Armut voran, jedoch nicht in Afrika – das Internationale Komitee Rotes Kreuz sieht die Ursachen dieser Katastrophe in den nicht endenden kriegerischen Auseinandersetzungen. Es sind jedoch nicht nur diese, welche den Menschen die Lebensbedingungen auf das Äußerste zerstören. Durch die Kämpfe werden die landwirtschaftlichen Flächen unbenutzbar gemacht, die Flüsse und Bäche in ungesunde Kloaken verwandelt, die Biodiversität schwer belastet und die Infrastrukturen jeder Art ihrer Funktionen beraubt.

Die Flucht kann keine Lösung sein

Die Gewaltanwendungen gegen Frauen und Kinder zwingen diese sowie die älteren Menschen zur Flucht innerhalb der Landesgrenzen sowie über diese hinaus, wo sie in den bereits überfüllten Notlagern einer prekären Zukunft ihr Leben fristen. Befinden sich zurzeit etwa 65 Millionen Menschen auf der Flucht, so werden, laut einer rezenten Studie, nahezu 200 Millionen Menschen aus ihren Heimatländern während den kommenden 30 Jahre allein durch die Konsequenzen des Klimawandels flüchten müssen. Die weitaus meisten gehören zu den Ärmsten der Armen – am menschengemachten Klimawandel haben sie fast keinen Anteil. Durch den Anstieg der Küsten werden die Menschen zur Flucht vor den Wassermassen gezwungen und werden sich in das Landesinnere bewegen mit der Folge, dass sie die dort lebenden Ethnien das Land streitig machen.

Bei genauem Hinsehen auf die Verhältnisse in den ländlichen Regionen lässt sich unschwer verkennen, dass im Schnitt nahezu 120 Menschen auf einem km2 leben, derweil die Vereinten Nationen eine obere Grenze bei 40 Menschen auf einem km2 als nicht existenzgefährdend ansetzen.

Neben den beschriebenen desolaten Handlungen lassen sich weitere Ursachen wie der Klimawandel, die Ausbreitung der Wüsten und die Degradierung der landwirtschaftlich genutzten Flächen ausmachen.  Insbesondere die Menschen in Afrika fühlen sich den Klimawandel noch stärker bedroht, in vielen Gegenden herrscht Dürre und Wasserarmut, so dass die Viehbestände reduziert werden müssen. Schlimmer noch, die Menschen verlieren durch den ausgelaugten vertrockneten Boden ihre Existenzgrundlage. Armut und Hunger veranlassen viele Menschen aus den ländlichen Gegenden in die Slums der Großstädte zu wandern; dort steigt demzufolge auch das Elend.

Des Weiteren muss erkannt werden, dass die vielen Millionen kleinbäuerlichen Familienbetriebe ihre landwirtschaftlichen Tätigkeiten  auf oft sehr geringen Parzellen ausüben, von denen viele ihnen nicht gehören. Das Land gehört zum größten Teil dem Staat, sodass die Landwirte allein aus Angst, dass ihnen das Land wieder weggenommen wird, keine Investitionen tätigen. Noch viel erschreckender wiegt der Umstand, dass riesige fruchtbare Landflächen an ausländische Kapitalgeber über einen längeren Zeitraum verkauft oder verpachtet wurden.

Die Vereinten Nationen informieren, dass etwa 65 Millionen ha Ackerland in den Entwicklungsländern, davon viele Millionen ha in den Ländern in der Sahelzone, gekauft oder gepachtet wurden – mit einem Gegenwert von annähernd 1.000 Millionen $. Weitere Agrarflächen wurden in Madagaskar, Tansania, Kenia und Sudan für die Produktion von Agrarerzeugnissen und  Biokraftstoffen verpachtet. Saudi-Arabien hat sich jeweils 500.000 ha Land für die Produktion von Reis und Weizen in Tansania und in Pakistan gesichert. Das aufstrebende Schwellenland China kauft resp. pachtet Agrarflächen mit über 1 Million ha zum Anbau von Palmöl, Zucker und Maniok. Derweil die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien, China und Südkorea riesige Agrarflächen aufkaufen, werden der hungernden Bevölkerung in Afrika enorme Hilfeleistungen aus den angesammelten Überschüssen der reichen Länder zugeführt.

Die Frage ist erlaubt, wie angesichts der Schrumpfung der zur Verfügung stehenden Agrarflächen die wachsende Weltbevölkerung, von derzeit nahezu 7 auf 9,1 Milliarden im Jahr 2050, ernährt werden soll. Mag man sich vorstellen, dass jedes Jahr ein Gebiet dreimal so groß wie die Schweiz aufgrund der Desertifikation verloren geht.

Über eine wichtige Ursache wird jedoch wenig berichtet und viele Nichtregierungsorganisationen, welche vor Ort präsent sein, prangern die demographische Situation an. Durch die hohe Geburtenrate wird sich die Bevölkerung in Afrika von derzeit 1,2 Milliarden Menschen auf 2,5 Milliarden Menschen im Jahr 2050 erhöhen. Dies bedingt, dass wirtschaftliche Erfolge, sollten sie sich denn einstellen, durch die Zunahme der neuen Erdenbürger, wieder aufgezehrt. Ist es denn annehmbar, dass die Geburtenrate in den Ländern der Subsaharazone bei 5 bis 7 Geburten pro Frau liegt?

Die Europäische Union bringt sich verstärkt ein 1)

In Zusammenhang der Ernährungslage drängt sich die Frage bezüglich der Agrarsubventionen an die Landwirtschaft in den Industrieländern auf. Im Gefolge werden die Märkte in den Entwicklungsländern mit den „überschüssigen“ landwirtschaftlichen Produkten aus den reichen Ländern überschwemmt, sodass deren Landwirte nicht mit diesen konkurrenzlos billigen Produkten mithalten können. Was nutzen dann die aufwendigen Mikrofinanzprojekte, wenn wir die mit der anderen Hand den erschafften Reichtum wieder vernichten.

Es sei vermerkt, dass derzeit zwei Drittel der Armen der Welt ihren Lebensunterhalt aus der Landwirtschaft bestreiten und einige Entwicklungsländer in einem hohem Maße vom Handel mit einigen wenigen Agrarprodukten abhängig sind. Es sind deshalb umfangreiche Investitionen erforderlich, um die Landwirtschaft und die Nahrungsmittelindustrie auf das welzniveau zu heben. Vorrangige Bedeutung wird weiterhin Kleinbauern und Armen beigemessen, wobei der Schwerpunkt auf der Integration junger Menschen und der Stärkung der Rolle von Frauen liegt.

Als eine schwere Hypothek erweist sich ebenfalls der Schuldendienst der Entwicklungsländer. Ungeachtet der bisherigen Schuldenerlasse erhöht sich ihre Gesamtverschuldung, mittlerweile auf etwa 22000 $ pro Minute; Milliarden die aus dem Süden nach Norden transferiert werden. In vielen Ländern übersteigen die Schulden deutlich das gesamte jährliche Volkseinkommen und es muss ein hoher Anteil der Exporterlöse für diesen Dienst aufgebracht werden.

Die Ursachen für diesen Missstand sind die Korruption und das Missmanagement in den Entwicklungsländern. Wenn die politischen Eliten die Reichtümer des Kontinents verprassen und ungeheuren Reichtum raffen, dann muss man diejenigen Menschen verstehen, die in der Flucht nach Europa ihre letzte Hoffnung auf ein besseres Leben sehen. Dieses Drama spielt sich vor den Augen der Weltöffentlichkeit und der Geberländer ab. Während den vergangenen 50 Jahren flossen etwa 800 Milliarden $ Entwicklungshilfe nach Afrika und von diesen fanden etwa 600 Milliarden $ den Weg in die Taschen der korrupten Eliten.

Wenn demzufolge Afrika ein wichtiger Handelspartner werden will, dann muss neben dem Bau der notwendigen Straßen- und Eisenbahninfrastrukturen ebenfalls in die nachhaltige Energieversorgung investiert werden. Die modernen Energieumwandlungstechnologien, die Nutzung der erneuerbaren Energien sowie der Aufbau von intelligenten dezentralen Energieverteilungsnetzen, auch im ländlichen Raum, stellen die Schwerpunkte der Projekte dar, welche hohe finanzielle Mittel erfordern. Die Nutzung der Solar- und der Windenergie sowie der Wasserkraft und der Biomasse stellt das Rückgrat dieser Energieversorgung dar.

Schlussfolgerungen

Durch eine sozial und ökologisch verträgliche Gestaltung der weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden die wichtigen Schritte eingeleitet. Die gerechte Politik muss die Entwicklungsländer als vollwertige Partner einbeziehen, damit sie die Möglichkeit haben, sich zu einem Schwellenland emporzuhieven. Die Bedürfnisse und Sorgen aller Völker müssen den Rahmen aufspannen, in welchem sich das Weltbild der Zukunft einfärben lässt, das individuelle Engagement hingegen wird den idealen Treibriemen für die tragfähige Entwicklung darstellen.

Die zentrale Herausforderung, vor der die Menschheit heute steht, ist es Sorge zu tragen, dass die Globalisierung für alle Menschen zu einer positiven Kraft wird, anstatt Milliarden Menschen dauerhaft im Elend zu belassen. Es wird oft der globale Freihandel eingefordert – dies muss man nur bejahen – aber dieser kann nur funktionieren, wenn die Partner von den gleichen Voraussetzungen ausgehen und die Menschen in Afrika uns auf Augenhöhe begegnen.

Aber ohne die Geburtenkontrolle und demzufolge ein überschaubares Bevölkerungswachstum kann keine nachhaltige Entwicklung vonstattengehen. Des Weiteren muss der Korruption der politisch Verantwortlichen ein „ethischer“ Riegel vorgeschoben werden.

Die Verwirklichung einer sozial- und umweltgerechten Lebens- und Wirtschaftsweise in den Entwicklungsländern, so lange und schwierig auch dieser Prozess sein mag, eröffnet ungeahnte Gestaltungsspielräume, die wir im Sinne einer gemeinsamen Welt durchführen müssen. Die hier beschriebene Friedenspolitik bringt allen Beteiligten nur Gewinn.

Bedingt durch meine unterschiedlichen Tätigkeiten mit Blick auf die Entwicklungszusammenarbeit kann ich nur die von vielen Menschen geforderte „radikale  Wende für Afrika“ unterstützen. Das gemeinsame Ziel muss darin bestehen, das Lächeln auf die Gesichter der Menschen in den Entwicklungsländern zu „zaubern“.

  • COM (2016) 740 final – Mitteilung der Europäischen Kommission