Zur Türkei: Drei Fragen an Laurent Mosar, Abgeordneter

Laurent Mosar, diese Woche standen gleich mehrere Resolutionen und Motionen in Sachen Türkei auf der Tagesordnung des Parlaments. Was war der Hintergrund?

Die rechtsstaatliche Lage in der Türkei verschlechtert sich von Tag zu Tag. Nach dem misslungenen Putsch der Generäle findet nun der tagtägliche Erdogan-Putsch statt. Nicht nur unliebsame Richter werden mundtot gemacht. Auch demokratisch gewählte kurdische Abgeordnete und Journalisten werden unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung verhaftet. Eine freie Presse gibt es nicht mehr. Die Türkei ist nicht nur auf dem Weg in eine Diktatur: sie ist dort schon so gut wie angekommen. Eine dramatische Entwicklung einer großen Nation. Diese Entwicklung haben wir gemeinsam im Parlament auf das Schärfste verurteilt.

Wie erklären Sie sich die Evolution in der Türkei?

Die Demokratie ist weltweit alles andere als gefestigt. Vor allem in der muslimischen Welt sind Demokratien die Ausnahme, Diktaturen hingegen die Regel. In den vergangenen Jahrzehnten befand sich die Türkei eigentlich auf einem guten Weg in Richtung westliche Wertegemeinschaft. Doch mehr und mehr haben islamistische und nationalistische Kräfte die Oberhand gewonnen. Ich bedauere dies zutiefst. Denn ich habe große Sympathien für das türkische Volk.

Hat denn diese Türkei in Ihren Augen noch einen Platz in der Europäischen Union?

Die Europäische Union ist eine politische Wertegemeinschaft. Sie ist eine Union der Freiheit! Die Türkei will zwar Teil der Europäischen Union sein, vergisst aber, dass Europa in erster Linie eine rechtsstaatliche Idee ist. Mit ihrer Absage an diese Freiheit und ihrer Abkehr vom Rechtsstaat hat sich Präsident Erdogan selbst aus dem Prozess der Beitrittsverhandlungen verabschiedet. Eine solche Türkei der Unterdrückung hat in der Europäische Union keinen Platz. Dennoch müssen wir den Dialog mit Ankara weiter suchen. Schließlich ist die Türkei unser Nato-Verbündeter. Und auch ein zentraler geopolitischer Brückenstaat. Deshalb sagen wir Ja zu einer breiten Interessenunion. Und Nein zu einem EU-Beitritt der Türkei. Zumindest auf absehbare Zeit.

Intervention von Laurent Mosar im Parlament (16/11/2016)