Der Europäische Rat versagt

Der Europäische Rat – das ist der Verein der Staats- und Regierungschefs, der Europa laut Vertrag die großen politischen Impulse geben soll – hat sich darauf verständigt, den europäischen Haushalt zu kürzen. Nicht nur für ein Jahr, sondern über die gesamte finanzielle Planungsperiode 2014-2012 hinweg. Europa soll über weniger Geld verfügen, als noch heute – während sieben langen Jahren, die für das Überleben der Union entscheidend sein werden.

 

Wenn national gespart werden muss, so räsonieren die nationalen Chefs, die sich für nationale Wahlgänge interessieren, dann muss Europa auch sparen. Sparen? Jawohl! Nicht mehr 1,1 Prozentpunkte der europäischen Wirtschaftsleistung sollen der Union zur Verfügung stehen, sondern noch genau 1 (ein!) Prozentpunkt. Jeder nationale Haushalt innerhalb der Union bringt es locker über 30 Prozent. Europa soll EIN Prozent einsetzen dürfen – für Landwirtschaft, Regionalförderung, Forschung, Transport- und Energienetze, Studentenmobilität, Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik, und, und, und.

 

Die Union verfügt über drei Prozent (!) der gesamten europäischen Haushaltsmittel. Die übrigen 97% fließen ausschließlich durch die Budgets der Mitgliedstaaten. Der europäische Jahreshaushalt ist lediglich zehnmal größer als der luxemburgische, und nicht einmal halb so groß, wie der Deutschlands. Dass Europa ohnehin schon kaum Finanzmittel hat, im Vergleich mit den Mitgliedstaaten, wird vom Europäischen Rat unterschlagen. Mit noch weniger, als sie heute einsetzen kann, stellt die Union sich selbst infrage.

 

Die Union infrage zu stellen, ist genau das Anliegen des britischen Premierministers. Die deutsche Kanzlerin, die sich Christdemokratin nennt, unterstützt ihn nach Kräften, indem sie den Rest Europas auf Budget-Kürzungskurs trimmt. Der  Ratspräsident verkauft dann das Ergebnis der Ratsverhandlungen als “gut für Europa” und mahnt das Parlament an, doch bitte zuzustimmen, da sonst alles zusammenbricht. Die genannte Kanzlerin und Britenfreundin tut ein paar Tage später gleiches und droht dem Parlament, im Fall eines negativen Votums würde es keine einstimmige Ratsvorlage mehr geben.

 

Das Problem dieser Nicht-Europäer ist eben, dass das Europäische Parlament die Haushaltsplanung genehmigen muss. Ich hoffe inständig, dass wir das nicht tun werden. Der Europäische Rat wird, wenn er so weitermachen darf, die Europäische Union zugrunde richten. Das mag die deutsche Kanzlerin nicht sonderlich stören, mich aber schon. Viele Kollegen im Europäischen Parlament stört es auch. Und also müssen wir dem Rat beibringen, dass er sich mit der Vorlage des Haushaltsplans 2014-2020 überflüssig gemacht hat. Das geht nur, indem wir seine unwürdige, lächerliche und verantwortungslose Vorlage für die kommende Haushaltsplanungsperiode ablehnen. Was dann kommt, werden wir sehen. Besser als ein Europäischer Rat, der in Zukunftsfragen total versagt, wird es auf jeden Fall.

 

 

Frank Engel