Klimawandel – wann werden wir uns aufraffen ?

Der Schutz der Umwelt und der natürlichen Lebensgrundlagen müssen das Hauptanliegen der politischen und wirtschaftlichen Arbeiten werden … Von Marcel Oberweis

In der Ausgabe des "Wort" vom 3. März 2007 stand der Klimawandel im Mittelpunkt der Diskussionen, beginnend mit dem Aufmacher "Klimawandel nicht zu verhindern" von UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon, der Diskussionen aus dem Ministerrat "Klimaschutz in der Kritik" sowie den Artikeln im CSV-Profil. Die Beiträge beschäftigten sich eingehend mit dem Klimawandel und den sich bereits bemerkbar machenden Folgen. Der vorliegende Bericht des UNO-Klimarat IPCC hat vorgerechnet, dass der Klimawandel bereits weiter fortgeschritten ist als bislang bekannt. Eine Erwärmung der Atmosphäre um 0,6°C im Schnitt ist unabwendbar, mit Werten bis 5.6°C je nach Region der Erdoberfläche müssen wir rechnen. Darf daran erinnert werden, dass fast alle Klimatologen überzeugt davon sind, dass der überwiegende Teil der aktuellen Erwärmung durch die ungehemmt steigenden Emissionen von Kohlendioxid und anderer Treibhausgase in der Atmosphäre durch den Menschen verursacht wird. Der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre ist seit Beginn der Industrialisierung um ein Drittel angestiegen, bedingt durch die Verbrennung der fossilen Energieträger (Kohle, Erdöl, Erdgas).

Die Hauptemittenten der Treibhausgase waren und sind noch immer die reichen Industrieländer, die Schwellenländer u.a. China und Indien, auch wenn sie nun den wirtschaftlichen Gewaltritt reiten sowie die Entwicklungsländer, waren nie stark beteiligt. Die EU-27 ist als Motor der nachhaltigen Entwicklung aufgerufen, ihre Treibhausgasemissionen um mindestens 30% bis 2020 und sogar um 80% bis 2050 zu reduzieren. Die Studie von Sir Nicholas Stern hat gezeigt, dass sofortiges Handeln, um den Klimawandel und den Temperaturanstieg aufzuhalten, Kosten in Höhe von nur 1 % des jährlichen Weltbruttoinlandsprodukts – 350 Milliarden $ – bedingt. Die Folgen des aktuellen Klimawandels ohne Veränderung werden in den kommenden Jahren bis zu 20 % des jährlichen Weltbruttosozialproduktes, immerhin 5.500 Milliarden $, verschlingen.

Der Energieverbrauch und die CO2-Emissionen werden um etwa 60 % bis 2030 ansteigen und noch werden Erdöl, Erdgas und Kohle etwa 83 % des weltweiten Energiehungers im Jahr 2030 decken. Angesichts der zur Neige gehenden Reserven an fossilen Energieträgern werden die kommenden Jahre von wirtschaftlichen Spannungen geprägt sein. Unsere Gesellschaft muss sich deshalb umgehend damit abfinden, dass sich das Zeitalter der billigen fossilen Energieträger dem Ende zuneigt. Die Energieversorgung mit Zukunft setzt demzufolge auf das "Weniger", d.h. die rationelle Nutzung der fossilen Energiequellen, dem Wechsel auf erneuerbare Energieträger und nachwachsende Rohstoffe. Man kann nur stauen, wenn man sich die Eurobarometer-Umfragen genauer ansieht, 82 % der Europäer sind sich bewusst, dass der aktuelle Energieverbrauch sich negativ auf das Klima auswirkt und sogar 83 % meinen, dass die Nutzung der nachwachsenden Rohstoffe und der erneuerbaren Energien wichtig für die nachhaltige Entwicklung ist. Erstaunt war man beim Lesen des Artikels "US-Führung beim Klimawandel" der US-Botschafterin, die USA hätten die Emissionen der Treibhausgase in der Zeitspanne 2000-2004 nur um 1,3 % erhöht, diejenigen der EU seien jedoch um 2,1 % angestiegen. Darf man darauf hinweisen, dass die Bevölkerung unserer amerikanischen Freunde nur 4 % der Weltbevölkerung ausmacht, sie hingegen für etwa 25 % der weltweiten Treibhausgasemissionen zuständig ist. Dem "Wort" vom 5. März auf Seite 2 konnte man erstaunlicherweise entnehmen, dass laut der von der Bush-Regierung beauftragten Studie die Treibhausgasemissionen in der Zeitspanne 2002-2012 um 11 % anwachsen werden, während den vorhergehenden 10 Jahren waren es 11, 6 % !!

Die USA und die Ewiggestrigen

Im Leserbrief "Klimawandel oder Klima-Aktionismus" wurde der umweltbewusste Mitbürger noch stärker "durchgerüttelt". Hier wurde nachgefragt, welches menschliches Handeln denn die Sahara zur Wüste gemacht hat und dies im Zusammenhang mit Treibhausgasemissionen. Das Zurückweichen der Gletscher nördlich des Mittelmeeres leitete etwa 10.000 v. Chr. das Ende der letzten Eiszeit ein und die Austrocknung der Wüste Sahara begann. Als sich jedoch die Tropen um 8.500 v. Chr. um etwa 800 km nach Norden verschoben, verwandelte sich diese Gegend in eine fruchtbare Savannenlandschaft um. Zu jener Zeit gab es keine Verbrennung von fossilen Energieträgern, noch gab es viele Menschen. Und wiederum um 5.500 v. Chr. kam es zu weiteren klimatischen Veränderungen, sodass sich die Landschaft wieder in die Wüste verwandelte, wie wir sie heute kennen.

Und was soll die Aussage "Zwischen der berechtigten Sorge und der augenblicklichen Klimakatastrophen-Hysterie liegen Welten. Und darin tummeln sich Leute wie Al Gore"? Hat nicht derselbe engagierte Klimaschützer über 1700 Zuschauer am vergangenen Montag in seinen Bann gezogen? Hat nicht derselbe Freund der Erde uns vorgerechnet, welche moralische Verpflichtung unseren Kindern gegenüber wir zu verantworten haben? Darf ich daran erinnern, dass mittlerweile weltweit alles unternommen wird, den Klimawandel in Augenschein zu nehmen und umgehend massiv gegen ihn vorgegangen wird, sogar in China und Indien.

Wenn die derzeitige Plünderung unseres Planeten noch zwei oder drei Jahrzehnte wie bisher anhält, werden wir die Lebensgrundlagen so verändert haben, dass ein Zurückrudern keinen Sinn mehr ergibt. Was wir deshalb brauchen, ist die Vision eines verantwortungsvollen Fortschritts. Das Zeitfenster, in welchem wir noch sinnvoll handeln können, wird immer enger und die kommenden zehn Jahre werden zeigen, ob wir den gestellten Herausforderungen gerecht werden. Luxemburg wird seinen unbändigen Energieverbrauch drastisch vermindern müssen, der Tanktourismus muss eingedämmt werden, die Nutzung der erneuerbaren Energien darf nicht von Fledermäusen und Vogelflugschneisen abhängig gemacht werden und die Wärmeschutzverordnung soll endlich in die Praxis umgesetzt werden. Warum sollte China seine Pro-Kopf-Jahresemission an CO2 von 1 t reduzieren, wenn Luxemburg über 20 t ausweist?

Es ist unsere Generation, die die Verantwortung für das zukünftige Klima trägt. Die Verschwendung der begrenzten fossilen Energieträger und die Umweltzerstörung müssen gestoppt werden, wenn wir den kommenden Generationen nicht ihre Lebensqualität total vermiesen wollen, es ist unsere moralische Verpflichtung heute zu beginnen. Das an sich größte Problem bei der Umsetzung des nachhaltigen Konzeptes liegt jedoch in der mangelnden Bereitschaft der Industrieländer, ihre Produktions- und Konsummuster so zu verändern, dass der weltweite Raubbau an der Natur verringert wird. Wenn die Reichen die bisher eingeschlagene Marschrichtung nicht radikal ändern, werden sie unweigerlich einen friedensbedrohenden Zustand heraufbeschwören.

Der Schutz der Umwelt und der natürlichen Lebensgrundlagen müssen das Hauptanliegen der politischen und wirtschaftlichen Arbeiten werden, die Verknüpfung von wirksamem Umweltschutz und wirtschaftlicher Entwicklung mit sozialer Kohäsion muss das Rückgrat unserer Arbeiten werden, der Wechsel in der Politik ist überfällig. Der Chef-Ökonom des EU-Rates in Brüssel, Klaus Gretschmann, hat es folgendermaßen in der SZ vom 3.März 2007 dargelegt und dies sollte auch die Klimaskeptiker und Ewiggestrigen wachrütteln: "Die unbequeme Wahrheit ist, dass wir es vielleicht nicht mehr schaffen, den Klimawandel zu stoppen. Weil wir nicht wissen, wie dieser Wandel verläuft, sollten wir uns jetzt schon auf Überschwemmungen und Dürren einstellen". Dies sind keine Horrorszenarios, sondern die blanke Wahrheit, mit den unsere Kinder und Enkel uns konfrontieren werden.

Dr.-Ing. Marcel Oberweis, CSV Abgeordneter