Einführung des “placement judiciaire” für geistesgestörte Straftäter

Einführung des “placement judiciaire” für geistesgestörte Straftäter

Im Mittelpunkt der Sitzung der Abgeordnetenkammer stand Anfang Juli 2000 das Gesetzprojekt 4457 und die damit verbundene Änderung von Artikel 71 des Strafgesetzbuchs über die Schuldunfähigkeit im Falle vollständiger Geistesgestörtheit zum Zeitpunkt der Strafe. Berichterstatter war der CSV- Abgeordnete Patrick Santer. Einstimmig votiert wurden die Änderungen im Strafgesetzbuch und in der Strafprozessordnung, was die Einweisung geistesgestörter Straftäter in psychiatrische Behandlung betrifft.

Was hat sich geändert ?

Die Gerichte hatten in derartigen Fällen keine Bestimmungsgewalt, da die betroffene Person in ärztliche Obhut überführt werden musste. Es bestand demnach keine richterliche Kontrolle. Wenn der Untersuchungsrichter oder der Strafrichter feststellt, dass der Beschuldigte bzw. der Angeklagte in besagtem Sinne strafrechtlich nicht verantwortlich ist und die Demenz (Geistesgestörtheit) weiterhin gegeben ist, entscheidet das Gericht über die Unterbringung des Betroffenen in eine vom Gesetz anerkannte geschlossene psychiatrische Anstalt, dies insofern die Person eine Gefahr für sich selbst und ihre Umwelt darstellt.

Des Weiteren wurde festgehalten, dass Artikel 3 der Strafprozessordnung in dem Sinne abgeändert wird, dass das Strafgericht trotz Freispruch auf der Grundlage von Artikel 71 befugt ist, über die Schadensersatzansprüche des Opfers und deren Zivilklage eine Entscheidung zu treffen. Bisher oblag es dem Opfer im Falle eines Freispruchs des Täters, seine Schadensersatzansprüche vor dem Zivilgericht geltend zu machen, was oft mit zusätzlichem Prozessaufwand und zusätzlichen Kosten verbunden war.

Durch die neue gesetzliche Bestimmung unter Artikel 3 der Strafprozessordnung wird somit die Lage des Opfers der Straftat deutlich verbessert.

Im Gesetz vom 26. Mai 1988 über die Unterbringung geistesgestörter Personen in geschlossenen psychiatrischen Anstalten ist ebenfalls das neue Regime des “placé judiciaire” eingeführt worden, welches diesen von einem gewöhnlichen Patienten unterscheidet. Eine vom Justizministerium einzusetzende Sonderkommission soll die Ausführung des richterlichen Unterbringungsentscheids begleiten. Die Kommission unter Vorsitz eines Richters setzt sich des Weiteren zusammen aus einem Vertreter der Staatsanwaltschaft sowie zwei auf Vorschlag des Gesundheitsministers ernannten Mitgliedern, darunter ein Psychiater oder Kinderpsychiater.

Angepasst wird zudem das Gesetz vom 27. Juli 1997 über den Strafvollzug. Die Bestimmungen des “placement judiciaire” werden in Zukunft auch auf Personen betreffen, die in die medizinische Abteilung der Justizvollzugsanstalt Schrassig eingewiesen werden.